Full text: Europa, die fremden Erdteile und die allgemeine Erd- und Himmelskunde (Bd. 2)

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Flusse. Die Schlammablagerungen sind sehr bedeutend und bewirken, 
daß das Mündungsland immer weiter in das Meer hinausgeschoben 
wird. Im Interesse der Schiffahrt hat man den östlichen Müudungs- 
arm mit Deichen eingefaßt. Man hat das eingedeichte Land entwässert 
und in fruchtbaren Marschboden umgewandelt, der sich vorzüglich als 
Weideland eignet. 
Das Tiefland der Rhone hat eine sehr geschützte und außerdem 
eine südliche Lage. Die hohen Randgebirge verwehren den rauhen 
Ostwinden den Zutritt, während infolge der nach Süden gerichteten 
Öffnung der Senke die warmen Südwinde weit in das Land eindringen. 
Deshalb ist das Klima dort sehr mild. Die Sommer sind lang und 
heiß, die Winter kurz und mild. Der fruchtbare Boden ist mit Öl- 
und Maulbeerbäumen, mit Mandel- und Pflaumenbäumen bewachsen. 
Zitronen, Apfelsinen, Feigen und die edelsten Obstsorten reifen dort. 
Vorzüglich gedeiht der Wein, weshalb der Weinbau ein sehr wichtiger 
Erwerbszweig der dortigen Bewohner ist. Besonders gilt das von der 
den Westen der Ebene begrenzenden Landschaft (Languedoc sla'diW. 
Auch die Gegend westlich der Saone, Burgund (vgl. oben Cote d'Or), 
ist ein berühmtes Weinbaugebiet. 
Östlich vom Rhonedelta liegt am Fuße der Alpen die Provence 
(prowaß, d. i. Provinz — diefe Landschaft war ein Hauptteil der 
zuerst nur den Süden Frankreichs umfassenden Römerprovinz Gallia 
transalpina). Es ist das Land des Sonnenscheins, der Blumen und 
der Lieder. Unsere rauhen Winter kennt man dort nicht. Es tritt da 
nur eine frostige Regenzeit von einigen Wochen ein. Schnee fällt selten, 
und nur einige Stunden bleibt er liegen. Die Laubhölzer tragen immer 
ihren grünen Schmuck. Schon im Januar kleidet sich der Boden mit 
Grün, und im Februar blüht es bereits allenthalben. Ein tausend- 
farbiger Blumenteppich bedeckt die Täler und Bergabhänge. In dieser 
Welt voll Glanz und Duft fehlt auch der Sang nicht; denn die Vor- 
posten der Wandervögel sind bereits aus Afrika herübergekommen. 
Auf der an Naturschönheiten so reichen Südküste der Provence (der 
französischen Riviera, d. i. Ufergelände, Gestade) liegt eine Reihe von 
Städten, die sich durch ihr Alter, ihren Handel und ihre Industrie 
oder durch den Ruf, den sie als Winterheilorte genießen, auszeichnen. 
Zu letztern gehört namentlich die Rosenstadt Nizza, die gegen den Nord- 
wind durch ein Halbrund von Bergen geschützt ist und seit 1860 zu 
Frankreich gehört. Zwischen der villenreichen Stadt und ihrer Um- 
gebung läßt sich kaum eine Grenze ziehen. Stundenlang kann man in 
dem weiten Tale zwischen Landhäusern, Schlössern und Gärten umher- 
wandern, ohne zu wissen, ob man noch in der Stadt oder schon auf 
dem Lande ist. Toulou (tulo) mit 104 000 Einwohnern ist ein 
bedeutender Kriegshafen. Nicht weit davon und ebenfalls an der Küste 
liegt Marseille (marsaij'), die zweitgrößte Stadt Frankreichs, mit 
507 000 Einwohnern. Es ist eine der ältesten Städte Europas und 
wurde von griechischen Ansiedlern aus Kleinasien vielleicht schon im 
6. Jahrhundert vor Chr. gegründet und von ihnen Massalia, von den 
Römern aber Massilia genannt. Wegen seiner günstigen Lage wurde
	        
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