Full text: Das Deutsche Reich (Teil 3)

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Einer Stadt aber müssen wir noch besonders gedenken, der Stadt 
Weimar, und im Geiste die Räume aufsuchen, in denen einst Goethe 
und Schiller lebten und dichteten. 
1. Das zweistöckige Haus (Abbildung!), in dem Goethe 40 Jahre 
lebte, steht am Frauenplan, einem freien Platze Weimars. Im Erd- 
geschoß liegt das Arbeitszimmer des Dichters, ein kleines, med- 
riges, schmuckloses, mit grünen Tapeten bekleidetes Stübchen. An den 
Wänden stehen niedere Schränke mit Schubfächern, in denen Schriften 
aufbewahrt wurden. Darüber befinden sich Bücherschränke, in denen 
Goethe die Sachen aufstellte, mit denen -er sich zurzeit beschäftigte. In 
der Mitte des Zimmers steht ein großer runder Tisch. Au ihm saß 
einst der Schreiber, dem Goethe, den Tisch ununterbrochen umwandelnd, 
diktierte. Kein Spiegel, kein Sofa ist zu sehen. Letzteres bedurfte der 
große Dichter schon deshalb nicht, weil er den ganzen Tag ging oder 
stand. Er las stehend, er schrieb stehend, er verzehrte selbst sein Früh- 
stück an einem hohen Tische stehend. In einer Schranknische hängt ein 
Bild Napoleons I. aus Gips. Der Zufall wollte es, daß es am Tage 
der Schlacht von Leipzig vom Nagel fiel. Ein Stück des Randes brach 
aus, das Gesicht des Kaisers blieb unverletzt. — Links an das Arbeits- 
zimmer stößt das Schlafzimmer. Es ist auch klein und schmucklos. 
Das Bett ist niedrig und schmal, mit einer rotseidenen Decke überlegt; 
zu Hänpten steht der Lehnstuhl, in dem Goethe verschied. 
2. Das Gebäude, in dem Schiller die letzten drei Jahre seines 
Lebens zubrachte, ist ein mäßig großes, einfaches Giebelhaus mit grünen 
Sommerläden. Außer dem Erdgeschoß hat es nur ein Stockwerk und 
eine Dachwohnung. Im ersten Stockwerk wohnte Schillers Gattin mit 
den Kindern. Der Dichter selbst hatte die Räume im Dachgeschoß inne. 
Hier lag sein Arbeitszimmer, das auch sein Sterbezimmer geworden ist. 
Es ist noch in demselben Zustande erhalten, wie bei seinen Lebzeiten. 
Eine grüne Tapete mit blauen runden Tupfen bedeckt die Wände. 
Gleich links von der Eingangstür steht ein Kachelofen mit eisernem 
Untersatz, neben ihm ein Klavier. Darauf liegt eine Guitarre vou 
Schillers Frau. An der Hinterwand, dem Eingange gegenüber, steht 
die Bettstelle, in der Schiller starb. Neben ihr bemerken wir ein 
Tischchen; es trägt Schillers Dose und seine Mundtasse. Unter dem 
Fenster, und zwar mit der Langseite nach der Mitte des Zimmers ge- 
richtet, hat der Arbeitstisch des Dichters Aufstellung gefunden. Er ist 
mit einer kurbelartigen Vorrichtung versehen, die Schiller selbst erfunden 
hat, um das darauf befindliche Schreibpult höher oder tiefer zu stellen. 
Auf dem Tische liegen Haarlocken von Goethe und Schiller und zwei 
Briefe von Schillers Hand. 
(Nach Prof. August Sach.)
	        
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