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hohe Zeit, daß Blücher auf dem Kampfplatze erschien; doch zeigte sich von 
ihm noch keine Spur, und die Lage der Dinge wurde jeden Augenblick be— 
denklicher. 
Blücher war seinem Versprechen gemäß am 18. Juni frühmorgens von 
Wavre in zwei Heerzügen aufgebrochen; der eine, den Heerteil von Zieten be— 
greifend, zog rechts über Fromant auf Ohain, dem linken Flügel Wellingtons, 
zu; der andere, aus den Heerteilen von Bülow und Pirch bestehend, ging 
links über Neuf-Cabarets und Saint-Lambert dem rechten Flügel Napoleons 
in Seite und Rücken. Der dritte Heerteil unter Thielmann sollte bei Wavre 
stehen bleiben und nur, wenn dort kein Feind erschiene, den übrigen als 
Unterstützung nachrücken. Blücher hatte den 17. an den Folgen seines Sturzes 
im Bette zubringen müssen, und am 18. in der Frühe, als er unmittelbar 
aus dem Bette wieder aufs Pferd sollte, um mit seinen Truppen zur neuen 
Schlacht auszurücken, war man für den übel zugerichteten Greis nicht ohne 
Sorge. Der Wundarzt wollte ihn noch zuguterletzt einreiben; Blücher aber, 
als er die Anstalten sah, versetzte: „Ach was noch erst schmieren! Laßt nur 
sein, ob ich heute balsamiert oder unbalsamiert in die andere Welt gehe, 
das wird wohl auf eins herauskommen!“ Er erhob sich, ließ sich ankleiden 
und setzte sich wohlgemut zu Pferde, obgleich ihm bei jeder Bewegung die ge— 
quetschten Glieder schmerzten. Als er sah, wie stark es geregnet hatte, und 
daß es noch immer fortregnen würde, sagte er: „Das sind unsere Verbündeten 
von der Katzbach, da sparen wir dem Könige wieder viel Pulver.“ Blücher 
begab sich an die Spitze des Heerteiles von Bülow, der voranzog und zuerst 
an den Feind kommen mußte. Er that alles, um den Marsch zu beschleunigen; 
allein schon gleich anfangs wurde derselbe durch ein zufälliges Hindernis 
unerwartet aufgehalten: in Wavre entstand eine Feuersbrunst, welche die 
Hauptstraße sperrte und die Truppen zu Umwegen nötigte, wodurch ein be— 
trächtlicher Zeitverlust entstand. Weiterhin wurde es noch schlimmer. Der 
unaufhörliche Regen hatte den Boden ganz durchweicht, die Bäche geschwellt, 
jede kleinste Vertiefung mit Wasser gefüllt. Die schmalen Wege durch Wald 
und Gebüsch nötigten zu häufigem Abbrechen der Glieder. Das Fußvolk 
und die Reiterei kamen mit Mühe fort, das Geschütz machte unsägliche Be— 
schwer; der Zug rückte zwar immer vor, aber mit solcher Langsamkeit, daß 
zu befürchten war, er werde zur Schlacht viel zu spät eintreffen und weit 
über den Zeitpunkt hinaus, in welchem er für Wellington noch die versprochene 
Hilfe sein könne. Offiziere kamen und brachten Nachrichten vom Gange 
der Schlacht, von Napoleons übermächtigem Andrange, und wie sehr die 
Ankunft der Preußen ersehnt werde. Blücher, in heftigen Sorgen, sein ge— 
gebenes Wort nicht zu lösen, rief sein: „Vorwärts, Kinder, vorwärts!“ an— 
feuernd in die Reihen der Truppen; überall fördernd flogen seine Blicke 
und Worte umher; wo ein Hindernis entstand, wo eine Stockung sich zeigte, 
war er sogleich gegenwärtig; doch alle Anstrengung gab noch immer nur 
geringe Aussicht, zu rechter Zeit anzulangen. Neuerdings trieb er zu ver— 
doppelter Eile an. Aus dem Gemurmel der im Schlamm und durch Pfützen 
Fortarbeitenden klang es hervor, es ginge nicht, es sei unmöglich. Da
	        
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