68 Ortskunde.
leben, Brok-Oschersleben, Bruch-Oschersleben wegen seiner Lage, später auch bis in
die neueste Zeit Groß-Oschersleben zum Unterschiede von Klein-Oschersleben genannt.
Der ursprüngliche Plan der Stadt, welcher jetzt fast nicht mehr zu erkennen ist,
hat Hufeisenform und ist nach Norden, Osten und Süden abgerundet, nach Westen
gradlinig. Das alte Schloß liegt in der Südwestecke. Drei Thore führten aus
der Stadt, deren Befestigungswerke seit 1700 größtenteils planiert und in Gärten
umgewandelt sind, das Halberstädter nach Süden, das Magdeburger nach Osten, das
Hornhäuser uach Westen. Diesen drei Thoren entsprechen die drei Vorstädte: der
„Damm", das „Kröppeldorf" und das „Altedorf"; letzterer Stadtteil ist der älteste, er ist
älter als die Stadt selbst. Die Stadt hat sich zu Ende des 12. Jahrhunderts vergrößert;
1235 war sie schon befestigt. Hervorzuheben ist das Jahr 1650. Im genannten
Jahre am 25. Februar beglückwünschten der Bürgermeister uud die Ratmänner den
Kurfürsten Friedrich Wilhelm zur Besitzergreifung der Stadt, wünschten ihm und
feiner Gemahlin zu ewig währendem Frieden Gesundheit, langes Leben uud glück-
selige, friedfertige Regierung und baten, die Stadt in Schutz und Schmu zu nehmen,
wie es auch geschehen ist.
Das oben erwähnte Schloß, die heutige Domäne, war teils durch den Bruch-
graben, teils durch Wälle und Gräben befestigt, wovon ein Teil noch heute deutlich
zu erkennen ist. Späterhin wurde das Schloß umgebaut, und heute ist nur noch
das „graue Haus" davou übrig. Die Schloßkapelle stand noch im Anfange des
18. Jahrhunderts; aber Gottesdienst wurde schon seit 1596 nicht mehr darinnen
abgehalten.
Oschersleben ist der einzige Ort des Kreises, in dem die Tempelherren Besitz
gehabt haben. Ihnen gehörte der sogenannte Tempelhof, der noch 1362 unter diesem
Namen vorhanden war.
Das alte Stadtsiegel zeigt den heiligen Nikolaus, den Patron der Stadtkirche,
in der Rechten den Krummstab, in der Linken einen Schlüssel haltend, zur Seite
SANCTUS — NICOLAUS. Das spätere Stadtsiegel von 1633 ist gespalten und hat
in rotem Felde zwei gekreuzte silberne Schlüssel, im anderen weißen Felde drei aus
dem mit Gras bewachsenen Boden emporsprossende Rohrkeulen.
2. Eroppensledt, 2360 Einwohner.
Im Jahre 934 schenkte König Heinrich I. den Ort Croppenstedt dem Grafen
Siegfried im Schwabengau, dem Stifter des Klosters Gröningen, der 936 seine Be-
sitzuugen in Croppenstedt den: Kloster Corvey zum Geschenk machte. Die Vogtei
über Croppenstedt hatten die Grafen von Blankenburg schou im 12. Jahrhundert.
Die alte Ummauerung und Befestigung der Stadt ist im 16. Jahrhundert erneuert
worden. Die Thore selber — es waren -1: das „Breite-", das „Neustädter-", das
„Ernte-" und das „Kirchenthor" — sind zu Anfang dieses Jahrhunderts abgebrochen,
doch sind noch Thortürme erhalten. Diese Türme gehören wohl der älteren Be-
sestignng an, denn sie sind roh gemauert, alle viereckig und ohne Architektur. Die
Stadtmauer ist gut erhalten, am besten auf der Ostseite, wo sie etwa 4 Meter hoch
ist; an anderen Stellen ist sie ganz oder teilweise abgebrochen. Die „Breite Straße"
wird schon 1458 erwähnt. Man unterscheidet die eigentliche Stadt, die Neustadt
und den Prälatenberg. Im Mittelalter und bis zum dreißigjährigen Kriege war die
Stadt sehr wohlhabend, aber der Krieg, die Pest von 1626, welche 695 Personen
dahinraffte, wiederholte Feuersbrünste uud ein großes Viehsterben in der Mitte des
18. Jahrhunderts schädigten den Wohlstand sehr. Das Wappen der Stadt zeigt
den heiligen Martin zu Pferde, mit dem Bettler, dem er eiu Stück seines Mantels
abschneidet.