Full text: Hilfsbuch für den Unterricht in der brandenburgisch-preußischen Geschichte

206 Das Königreich Preußen. 
auch in fast allen anderen europäischen Residenzen Besuche abstattete. 
Die hierdurch angebahnten oder erneuten Beziehungen persönlicher 
Freundschaft mit den fremden Monarchen trugen nicht wenig zur Er¬ 
haltung des europäischen Friedens bei. Eine weitere Bürgschaft des 
letzteren bietet der Fortbestand des aus der Regierungszeit Wilhelms des 
Großen herrührenden Bündnisses mit Österreich-Ungarn und Italien. 
Dennoch war der Kaiser stets auch darauf bedacht, daß die Kriegs¬ 
tüchtigkeit des Landheeres und der Marine gesteigert und die Truppen¬ 
zahl, entsprechend der wachsenden Bevölkerungsziffer, vermehrt wurde. 
Die Friedensstärke beträgt mit Einschluß von 28 000 Mann Marine 
nunmehr rund 600000 Mann. Die Landmacht ist in 22 Armeecorps 
gegliedert. (Das Generalkommando des XIII. Corps ist in Stuttgart, 
das des XIV. in Karlsruhe, das des XV. in Straßburg, das des XVI. 
in Metz, das des XVII. in Danzig, das des XVIII. in Frankfurt a. M. 
und das des XIX. in Leipzig; zu den genannten kommen dann noch die 
beiden bayrischen Corps, deren oberste Kommandostellen in München 
und Würzburg sind, und das preußische Gardecorps.) Kein wehrfähiger 
Deutscher bleibt nunmehr ohne militärische Ausbildung. Die Last des 
Einzelnen erfuhr dadurch eine Verminderung, daß die aktive Dienstzeit 
bei den Fußtruppen auf zwei Jahre herabgesetzt wurde. 
Fürsorge für die Arbeiter. Wilhelm II. betrachtete die Weiter¬ 
führung der von seinem Großvater begonnenen Gesetzgebung zum Wohle 
der Arbeiter als ein Vermächtnis des teuren Toten. Im Jahre 1889 
kam das Gesetz über die Invalidenversicherung zu stände, das zehn 
Jahre später aus Grund der gewonnenen Erfahrungen wesentlich ver¬ 
bessert wurde. Versicheruygspflichtig sind nach demselben alle gegen 
Lohn oder Gehalt als Arbeiter, Gesellen, Lehrlinge, Dienstboten, Be¬ 
triebsbeamte (letztere nur insofern, als ihr Jahreseinkommen 2000 Jio 
nicht überschreitet) n. s. w. beschäftigten Personen vom vollendeten 
16. Lebensjahre ab. Die Entrichtung der Beiträge erfolgt in der 
Weise, daß der Arbeitgeber dem Versicherten bei der Lohnzahlung in 
eine von der Behörde ausgestellte und ihrer Beaufsichtigung unter¬ 
liegende Quittungskarte für jede Arbeitswoche eine bei der Postanstalt 
gekaufte Marke einklebt. Die Hälfte des so verauslagten Betrags kann 
er jedoch dem Arbeiter in Abzug bringen. Der Preis der Marken richtet 
sich nach der Lohnklasse, welcher der Versicherte nach der Höhe seines 
Jahresverdienstes zugehört und deren es fünf giebt. Durch freiwillige 
Versicherung können sich Betrikbsbeamte u. s. w. mit einem Jahres¬ 
einkommen von mehr als 2000, aber nicht über 3000 M, ferner 
selbständige Handwerker, Kleinbauern u. s. w., welche nicht mehr als 
zwei Arbeiter beschäftigen, der Wohlthaten des Jnvalidenversicherungs- 
gesetzes teilhaftig machen. Die Versicherung gewährt der versicherten 
Person von deren vollendetem 70. Lebensjahre ab eine Altersrente und 
für den Fall schon früher infolge einer Krankheit eintretender dauernden 
Erwerbsunfähigkeit eine Invalidenrente. Die Höhe jeder Rente ist von 
den geleisteten Beiträgen abhängig. Da diese zu den Rentenzahlungen
	        
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