Full text: Geschichte der neueren und neuesten Zeit (Theil 3)

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Säbel angetrieben, über die zerwühlten Erdhügel und gebor¬ 
stenen Mauertrümmer unter Staub und Dampf und unter den 
Blitzen des Geschützes, wüthend hervor, nm sich der Stadt zu 
bemächtigen. Die verzweifelte Lage schien den Belagerten mehr 
als menschliche Kräfte zu geben. Der Graf Starhemberg flog 
augenblicklich mit der Besatzung herbei, warf sich mit Ungestüm 
auf den Feind, der schon zwei Roßschweife als Siegeszeichen 
auf der Bastei aufgesteckt hatte, und schlug ihn wieder in seine 
alten Verschanzungen zurück. Allein mit jedem Tage wuchs die 
Noth und die Gefahr der Belagerten. Am 6., 7. und 8. wur¬ 
den wieder neue Minen gesprengt, und das Feuer und die 
Stürme mit einer Wuth verdoppelt, der die Belagerten doch 
am Ende hätten unterliegen müssen, wäre der Entsatz nicht so 
nahe gewesen. Schon hatte Starhemberg von dem höchsten 
Thurme der Stadt, dem St. Stephan, rasch nach einander ganze 
Garben von Raketen emporsteigen lassen, dem Herzoge Karl an¬ 
zudeuten, die Stadt liege in den letzten Zügen; da endlich — 
es war der 11. September, des Abends 5 Uhr — zeigten sich 
aus den Höhen des Kahlengebirges die ersten befreundeten 
Truppen, und einige Kanonenschüsse verkündigten die nahe Er¬ 
rettung. Ein Augenblick trug die Freudenpost von Mund zu 
Mund. Ein Augenblick verwandelte die allgemeine Verzweif¬ 
lung in lauten Jubel. Kara Mustapha aber knirschte vor 
Äuth, warf sich zur Erde, zerraufte Haar und Bart, fluchte 
oem Tage seiner Geburt und ließ die meisten Christeusklaven 
WneS Lagers, Greise, Weiber und Kinder nicht ausgenommen, 
dreißigtansend an der Zahl, unmenschlich niederhauen. Aber 
öet Tag der Vergeltung nahete. 
Am 12. September, mit den ersten Stralen der Morgen- 
wune, stieg das christliche Heer, in schön geordneten Zügen, mit 
Wenden Fahnen und klingendem Spiele, von den waldigen 
Jpen des Gebirges in die Ebene hinab. Sofort begann der 
"griff. Die Fürsten uud ihre Völker stritten mit wetteifern- 
er Tapferkeit, allen voran aber der König Sobiesky, der mit 
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