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Bilder aus der Heimatkunde Pommerus,
c) Jndustriehasen. Uni mit der Eröffnung des Großschiffahrtsweges dem
Verkehr die nötigen Vorbedingungen zu schaffen, ist zwischen der Parnitz und der
Großen Reglitz ein großer Jndustriehasen in Vorbereitung.
Stettin als Industriestadt. „Vulkan". In den letzten fünfzig Jahren hat sich
Stettin auch zu einer bedeutenden Industriestadt entwickelt. Wenn heute irgendwo
int Deutschen Reiche und darüber hinaus der Name „Stettin" genannt wird, so denkt
wohl jeder zuerst an den „Vulkan". Diese Unternehmung wurde 1857 gegründet.
Sie hat sich aus bescheidenen Anfängen zu der ersten Schiffswerft Deutschlands und
zu einer der bedeutendsten der Welt entwickelt. Auf der Werft des Vulkan ist eine
Reihe der größten Schnelldampfer, der Ozeanriesen, erbaut worden, auf die jeder
Deutsche mit Recht stolz ist, und die den Ruhm des deutschen Schiffbaues in alle Welt
getragen haben. Die größten derselben sind „Kaiser Wilhelm der Große", „Kaiser Wil-
Helm II.", „Deutschland", „Kronprinzessin Eecilie" uud „George Washington". Außer-
dem wird hier jahraus, jahrein eine Reihe von großen und kleinen Frachtdampfern,
Schlachtschiffen, Kreuzern uud Torpedobooten gebaut. Viele Schiffe werden auch für
das Ausland geliefert. Man stellt hier Maschinen aller Art her, ferner Dampfkessel,
Lokomotiven und Dampfpumpeu. — Der „Vulkan" liegt in Stettin-Bredow am linken
Oderufer. Er bedeckt einen Flächenraum von 20 ha. 6000—7000 Arbeiter finden
hier Beschäftigung und Brot. Vier gewaltige Eisengerüste von 50 in Höhe und 250 m
Länge sowie eine Anzahl hölzerner Gerüste dienen dem Schiffbau. Besonders fällt
uns ein gewaltiger Dampfkran auf, der imstande ist, Lasten von 3000 Zentnern
zu heben. Zum Ausbessern der Schisse dienen zwei gewaltige Schwimmdocks.
Diese haben Ähnlichkeit mit einem riesigen Eisenkasten, dem die Endstücke fehlen, und
dessen Boden und Längsseiten hohl sind. Werden die Hohlräume mit Wasser gefüllt,
so sinkt das Dock so tief, daß ein Schiff zwischen die Seitenwände geschleppt werden
kann. Pumpt man darauf das Wasser wieder heraus, so steigt das Dock uud hebt das
in ihm ruhende Schiff aus dem Wasser empor.
Ein ohrenbetäubender Lärm schallt dem Vorüberfahrenden schon von weitem ent-
gegen, und Tag und Nacht lodern die Flammen der Schmelzöfen und Essen.
Fabriken. Neben dem Vulkan befinden sich in Stettin noch zwei Werke, die
zu den ersten des Reiches gehören, das eine ist die chemische Fabrik „Union" und das
andre das Eisenwerk „Kraft". In der „Union" werden chemische Produkte aller
Art: Schwefel- und Salzsäure, Soda, besonders aber künstlicher Dünger, erzeugt. In
dem Eisenwerk „Kraft" gewinnt man Roheisen. Einen besonders schönen Anblick ge-
währt das Eisenwerk des Abends, wenn das rotglühende, flüssige Eisen in die Sand-
rinnen geleitet wird, wo es erkaltet. Dann wird die ganze Umgebung von einer feuer¬
roten Glut Übergossen. — Außer deu genannten Werken besitzt Stettin noch über hnn-
dert große Fabriken und gewerbliche Unternehmungen, in denen etwa 35000 Arbeiter
beschäftigt werden. Die bedeutendsten sind folgende: „Stettiner Oderwerke" (Schiff-
bau), „Hedwigshütte" (Anthrazit und Steinkohlen), „Chemische Produktenfabrik
Pommerensdorf" (Kunstdünger), „Stern" und „Portland-Zementfabrik" (Zement).
Außerdem befinden sich in und bei Stettin eine Schamottefabrik (feuerfeste Steine),
mehrere Zuckersiedereien, eine Ölmühle, zwei große Dampfmühlen, eine größere
Anzahl von Brauereien und Brennereien, mehrere Preßhefe- und Seifenfabriken,
eine Fahrräder- und Nähmaschinenfabrik, eine Fabrik für Motorfahrzeuge, eine Fabrik
für Kunstseide u. a. In der Herstellung von Männer- und Kinderkleidem nimmt
Stettin unter den Städten Deutschlands mit den ersten Platz ein. Im Jahre 1908
wurden für über 30 Millionen Mark Bekleidungsstücke ausgeführt. — Außerdem
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