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etwa 10 Tagen sind die Holzkohlen fertig, die der Köhler dann
an Pulverfabriken, Goldwarenfabriken (Löten) oder an Kaufleute
verkauft (Büglerin). Neben dem Meiler hat der Köhler seine
Hütte. (Blockhütte!) An einer andern Stelle sehen wir dampfende
Pechhütten und Teeröfen. Oben im Bergwald ertönt die Axt des
Holzhauers; hohe Tannen fallen auf ihren Hieb. Unten im Tai
zerschneidet die schnarrende Sägmühle mit großem Fleiße die dicken
Stämme in dünne Bretter oder vierkantige Balken. Das geschnittene
Holz wird neben der Sägemühle aufgetürmt.
Wir wandern weiter, und helle, liebliche Glockentöne klingen
von den Wiesen am Bergesabhang herunter. Dort oben weiden
schmucke Kühe, und flinke Ziegen klettern von Fels zu Fels, um die
dazwischen wachsenden, würzhaften Alpenkräuter zu erlangen.
So wandern wir bereits zwei Stunden, und endlich erblicken
wir an den etwas zurücktretenden Abhängen das freundliche Dorf
Forbach. Unterhalb des Dorfes windet sich die Murg in engem,
felsigem Bett brausend und schäumend dahin; dann aber wird das
Tal immer freundlicher, milder und wirtschaftlicher. Hier, in den
Seitentälern und an den Abhängen liegen viele Heuschuppen zer-
streut umher, worin die Bauern das kräftige, gewürzige Heu
als Wintervorrat aufbewahren. Noch einigemal wechseln im*Tal
düstere Felspartien und freundliche Wiesengründe, bis es sich
endlich bei Gernsbach erweitert. Hier beginnt das untere Murg-
tal. Auf dem linken Ufer erhebt sich ein steiler Felsen, auf dem
die Burg Neueberstein liegt. Eine schöne Gegend mit unVergleich-
licher Aussicht! Tief unten raufcht und wühlt die Murg; durch
die Talöffnung erblickt man die weite Rheinebene und in weiter
Ferne die blauen Vogesen jenseits des Rheins. Um das Schloß
liegen schöne Baumgärten und reizende Rebgelände, die den vor-
trefflichen Wein erzeugen, der dem Kenner als „Eberblut" bekannt
ist. Geht man von dem Schloß einen Fußweg nach Gerns-
bach hinab, so kommt man an einen über die Murg hinaus-
hängenden Felsen, den sog. Grafensprung, von dem einst ein Graf
von Eberstein, ohne Schaden zu nehmen, mit feinem Pferde in
die Murg hinabgesprengt und so den Feinden entgangen sein soll.
Von Gernsbach bis an die Landesgrenze wird zur Zeit eine
der großartigsten Bahnen gebaut. Über Brücken, die gewaltige
Schluchten überspannen, und durch große Tunnels erzwingt sich
die Bahn den Durchgang, um die Felsenwildnis des hinteren
Mnrgtales, diese waldreichen Gebiete, dem Verkehr zu erschließen.
Den Bewohnern dieser Gegenden werden hierdurch neue Ab-
satzgebiete geschaffen; diese Bahnanlage darf mit Recht zu den
schönsten und großartigsten Bauten der Neuzeit gezählt werden
und ist wohl berufen, dem nördlichen Schwarzwald immer mehr
Freunde zuzuführen. Von Gernsbach an treten die Talwände
weit zurück. In der Ebene und den Seitentälern sind zahlreiche,
Streng, Badnerland, A. 7