Die Germanen.
Die Römer nannten unsere Vorfahren Germanen; sie selbst
hatten feinen ihr ganzes Volk umfassenden Namen, sondern nur
Namen für einzelne Völferschaften. Erst zur Zeit Heinrichs I.
kommt der Name der Deutschen (diet) als Bezeichnung für die
gesammte Nation vereinzelt vor; recht" gangbar wird er aber
erst seit der Mitte des eilften Jahrhunderts.
Die Germanen sind mit den Griechen, Römern, (Selten
und Slaven verwandt (indogermanischer Sprachstamm), haben
wie diese ihre Urheimat tief in Asien und wanderten von da
in nicht zu bestimmender Zeit, wahrscheinlich auf dem Land-
wege, nach Deutschland.
Die Religion der alten Germanen war Naturdienst.
So lange der Mensch auf den unteren Stufen der Entwicklung
stand, war er für die Einwirfungen der Natur weit empfäng¬
licher ; mächtig und wunderbar wirkten auf ihn der helle
Himmel, Sonne und Mond, die Erde mit ihrem Frühling und
Winter, und indem er in seinem Endlichen Sinne die Natur
belebte, stand er höheren Wesen gegenüber, die er liebte oder
fürchtete, je nachdem sie ihm Wohl oder Wehe bereiteten. Ur¬
sprünglich scheinen die Germanen, wie die Jndogermanen über¬
haupt, nur einen einzigen Gott gehabt zu haben; in Wodan
oder Odin klang wie in dem griechischen Zeus und dem rö-
mischen Jupiter der Gedanfe eines einzigen Gottes gleichsam
traumhaft nach. Odin ist der Allvater, der Vater der Götter,
der Schöpfer des Himmels, der Erde und der Menschen; von
ihm geht alles Leben der Natur und des Geistes aus, er lenkt
alles, was in der Welt vorgeht; der Allvater sitzt, so versinn-
lichten sich die Germanen die Weltregierung, in Walhalla auf
goldenem Throne, zwei Raben*), Hugin (Gedanke) und Munin
*) Die alten Götter konnten, als das Christenthum über das Heiden-
thum gesiegt hatte, nicht zur Ruhe kommen; sie lebten in der Phantasie
des Volkes fort, das ihre Züge an die Personen der Heldensage (Sieg-