Full text: Die Lande Braunschweig und Hannover

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Zwei Ereignisse sind noch besonders zu erwähnen. Der durch 
die Entwickelung des deutschen Eisenbahnspstems stets lebhafter 
werdende Handelsverkehr ließ die Trennung Hannovers vom 
deutschen Zollverein immer unthunlicher erscheinen, uud als man 
sich von Seiten des Zollvereins entschloß, dem Lande Hannover 
einen Vorzug in der Art zu gestatten, daß wegen des nn Lande 
nachweislich stattfindenden höheren Verbrauchs von Colonial- 
waaren die Einkünfte so getheilt werden sollten, daß dabei die 
Bevölkerung Hannovers nicht mit ihrem einfachen, sondern mit 
dem anderthalbfachen Betrage in Rechnung gebracht werden sollte, 
so trat Hannover im Jahre 1854 dem Zollverein bei. Das hatte 
einen großen Einfluß auf die Gewerbeverhältnisse unseres Landes. 
Die Fabrikanten und Gewerbetreibenden der benachbarten Lande, 
in welchen Gewerbefreiheit herrschte, und welche in Folge davon 
wegen der gesteigerten Coneurrenz ihre Waaren billiger liefern 
mußten, überschwemmten nach dem Fall der Zollschranken unser 
Land mit ihren Erzeugnissen, und eine notwendige Folge davon 
war, daß man auch hier an die Einführung der Gewerbefreiheit 
denken mußte. Zwar erhoben die Zünftler einen lebhaften Kampf 
gegen diesen Gedanken und suchten auch wohl dadurch, daß sie 
der Regierung in den großen politischen Kämpfen treu zur Seite 
standen, sich diese geneigt zu machen, aber sie haben der schließ- 
lichen Einführung der Gewerbefreiheit nicht wehren können. Jetzt 
lösen sich die Zünfte allenthalben aus und vertheilen ihr Ver- 
mögen unter ihre Theilnehmer, statt es durch Unterstützung von 
Gewerbeschulen, Gesellenvereinen u. dgl. für die Entwickelung des 
Gewerbestandes nutzbar zu machen. 
Lebhafter noch regte der fog. Katechismusstreit und was 
durauf folgte, die Gemüther aus und trug dazu bei, eine tiefe 
Verstimmung im Lande hervorzurufen. Lange Zeit hindurch hatte 
im Lande und in der Landeskirche eine rationalistische Richtung 
geherrscht, welche die Heilswahrheiten des Christenthums mehr 
äußerlich auffaßte und das kirchliche Leben mehr und mehr er- 
schlaffen ließ. In den vierziger Jahren machte sich bei uns all- 
mählich eine andere Richtung geltend. Man suchte das Evangelium 
tiefer und ernster zu erfassen und namentlich es wieder mit seiner 
lebendig machenden Kraft ins Leben einzuführen; es bildeten sich 
zahlreiche fromme Vereine zur Ausbreitung des Christenthums 
unter den Heiden, zur Verbreitung der Bibel in der Gemeinde, 
zur Herstellung frommer und guter Sitte. Aber es schien bald, 
als ob bei den Trägern dieser Bewegung sich eine gewisse Schroff- 
heit und Beschränktheit einstellte, welche mit immer mehr ge- 
steigertem Nachdruck auf die unterscheidenden Lehren der einzelnen 
christlichen Kirchen hinwies und immer weniger das Alle ver- 
bindende Band berücksichtigte. Es kam so weit, daß man die theolo- 
gischen Professoren unserer Landesuniversität, Männer, über deren 
ungefärbtes Christenthum und duldungsvolle Milde bei allen 
ruhiger Denkenden nur eine Stimme war, aufs heftigste angriff 
und sie bei der Regierung verklagte. Es schien, als ob nament- 
lich viele jüngere Geistliche, ohne an sich und in ihrem Inneren
	        
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