158 m Zeitr. Die neuere Zeit. Von der Reformation bis jetzt.
Durch diese Herrath hatte Johann Sigmund die Aussicht beide Herzoge zu beerben.
Denn Albr. Friedrich von Preußen hatte nur 2 Töchter, von denen die jüngere
Vater m zweiter Ehe geheiratet hatte, und der kinderlose Joh. Wilhelm von
Julich hatte die Nachfolge seiner ältesten Schwester zugesichert; die aber war die
Gemahlin Albrecht Friedrichs v. Preußen und deren Tochter jene Anna, die Ge¬
mahlin Johann Sigismunds. Im I. 1609 starb Johann Wilhelm, der außer
Julich noch die beiden Herzogtümer Cleve und Berg, sowie die Grafschaften
st! simi) d«rvmsberg besaß, also Herrschaften in der heutigen Rheinprovinz und
Westfalen. Joh. Sigismund machte auf alle Anspruch, als Gemahl der Tochter
der ältesten Schwester Johann Wilhelms. Allein auch Wolfgang von Psalr-Neu-
berg wollte erben und zwar hielt er sein Erbrecht für das beste, weil er der Sohn
der ältesten noch lebenden Tochter des verstorbenen Herzogs sei. Um anderen
l^rbansprüchen zuvor zukommen, versuchten es die streitenden Fürsten zuerst mit
euier gemeinschaftlichen Regierung, dann aber, im I. 1614 zu Xanten, nahmen
sie eme vorläufige Theilung vor: an den Kurfürsten von Brandenburg fiel Cleve,
Mark und Ravensberg, an den Pfalzgrafen Berg und Jülich, eine Theilung, die
auch in der Folge durch den letzten Vertrag in dieser Angelegenheit 1666 zu Cleve
aufrecht erhalten wurde. Doch behielt sich Brandenburg seine Ansprüche auf die
anderen Besitzungen für den Fall des Aussterbens der Pfälzer vor, und so hat
der jülichCche Erbfolgestreit, zwar augenblicklich beigelegt, später zur Zeit König
Friedrich Wilhelms I. noch einmal eine Rolle in der preuß. Geschichte gespielt.
Leichter war es die andere Erbschaft anzutreten. Die Ansprüche auf das
Herzogthum Preußen waren dadurch, daß die erbberechtigten Töchter, wie erwähnt
an Sigismund und Joachim Friedrich, an Vater und Sohn, vermählt waren
allem auf Kurbrandenburg vereint, und so fiel 1618 Preußen an Brandenburg
um so mehr, als bei dem Regierungsantritt des in diesem Jahre verstorbenen
Herzogs Albrecht Friedrich der damals in Brandenburg regierende Joachim II
bie Mitbelehnung erlangt hatte. Denn Preußen war ein Lehn der Krone Polen.
Wie es dies geworden, wird sich aus einer Uebersicht der Geschichte dieses Lande«
ergeben, welches später der preußischen Monarchie den Namen geben sollte —
Die Preußen, ein tapferes Volk an der Ostseeküste, von der Weichsel an weiter
nach Osten, wohnend, blieben ihrer heidnischen Religion treu, als die umwohnenden
Völker schon zum christlichen Glauben bekehrt waren, und wurden nun um so
gefährlichere Nachbarn, je mehr Missionsversuche gescheitert waren. Seit 1208
gab sich namentlich ein energischer Mönch aus dem Kloster Oliva bei Danzig
Christian, viel Mühe die Preußen zu bekehren. Als er aber weder mit der Pre¬
digt noch mit Kreuzigen dauernde Erfolge errang, wendete er sich an den deut¬
schen Ritterorden. Dieser, zur Zeit der Kreuzzüge, von bremischen und lllbischen
Kaufleuten zum Kampfe gegen die Ungläubigen und zur Pflege der Kranken ge.
gründet, nahm das Anerbieten an, da doch im Morgenlande nicht viel auszurich¬
ten war; zuerst kam nur eine kleine Zahl Ritter, mit der Zeit siedelte die Haupt¬
masse des Ordens über. Unterstützt von dem Zuzuge von Kreuzfahrern, die nun
im Osten Europas und nicht mehr im Morgenlande gegen die Heiden zu kämpfen
Gelegenheit fanden, begann der Orden feit 1230 feine Thätigkeit und vollendete
bis 1283 die Unterwerfung und Bekehrung der Preußen in der Weife, die früher
geschildert ist. Das eroberte Gebiet wurde durch Burgen geschützt und mit Ansied¬
lern, die von Westen herbeiströmten, besetzt, die Ureinwohner zur Annahme des
Christenthums genöthigt und meist in eine sehr gedrückte Lage versetzt. So ward
das Land allmählich christlich und deutsch. Der Orden aber gründete einen mäch¬
tigen Staat, der sich von der Oder bis zur Düna ausdehnte und für die dama-