Full text: Wirtschaftsgeographie und Wirtschaftskunde Deutschlands (Bd. 1)

114 III. Teil. Erster Abschnitt. 
beruht das Fabriksystem vollkommen auf der Arbeitszerlegung und als deren 
Folge meist auf einer weitgehenden Maschinenverwendung. Darum ist auch 
die Voraussetzung dieses Systems die Möglichkeit der Massenproduktion 
(f. S. 106). Diese trat im 17. Jahrhundert ein, als weite Bevölkerungsschichten 
die Selbstansertigung wichtiger Gegenstände aufgegeben hatten, z. B. die Her- 
stellung des Leinens für den eigenen Haushalt, und als die Verbesserung der 
Verkehrsverhältnisse einen großen Absatzkreis schns. 
Auch die Fabrik bedarf des Handels zur Übermittlung ihrer Güter an die Ver- 
braucher, sie ist aber nicht selbst Handelsunternehmung wie der Verlag. Erst in neuerer 
Zeit gehen große Fabrikunternehmungen dazu über, auch den Absatz ihrer Erzeugnisse 
selbst zu besorgen, Musterlager, Agenturen, Verkaufsstellen usw. einzurichten. Häufig wird 
auch mit der Fabrik ein Versandgeschäft verbunden. (Solinger Stahlwarenfabriken, Geraer 
Tuchfabriken.) 
Die Fabrik ist ein viel größerer Feind des Handwerks als das Verlagssystem. Das 
Handwerk wird jedoch auch durch sie nicht völlig zugrunde gerichtet, wie ja überhaupt 
kein Betriebssystem vollkommen verschwindet. Es wird nur auf die Arbeiten (Kunst- 
gegenstände, Reparaturen usw.) und in die Gegenden zurückgedrängt, für welche die 
Fabrik nicht geeignet ist, besonders also auf die Dörfer. Dagegen sind die Arbeits- 
Verhältnisse des Fabrikarbeiters zumeist sicherer als die des Hausindustriellen. Der 
Fabrikant stellt den Betrieb nicht ein, solange die durch das Weiterarbeiten entstehenden 
Kosten geringer sind als der Zinsverlust für sein in Gebäuden, Maschinen usw. festgelegtes 
Kapital. Der Verleger kann dagegen ohne Kapitalverlust die Beschäftigung der Haus- 
industriellen aufhören lassen. 
Wie das Verlagssystem, so ist auch die Fabrik kapitalistischer Großbetrieb. Die 
Kapitalkraft der Unternehmer befähigt dann oft dazu, zu Arbeitsvereinigungen über- 
zugehen, d. h. Produktionsprozesse, die durch die Entwicklung der Arbeitsteilung zerrissen 
worden waren, wieder zusammenzuziehen. So sind z. V. in dem Kruppschen Unternehmen 
der Bergbau aus Eisen und Kohlen, die Eisenverhüttung und die verschiedensten Zweige 
der Eisenindustrie vereinigt (s. S. 49). 
d) Die wicbtigTten Bedingungen für die Slahl eines Betriebs- 
fyftems. 1. Preis und Absatzverhältnisse. Für einen zu erzeugenden 
Gegenstand muß zunächst überhaupt ein Preis zu erzielen sein, es muß also ein 
Bedarf nach demselben vorliegen uud er darf nicht in beliebigen Mengen frei 
in der Natur vorhanden sein (freie Güter, z. B. Luft). Vou der Größe des 
Bedarfes und des ihm gegenüberstehenden Angebots hängt die Höhe des Preises 
ab. Niedrige Preise zwingen zur Produktion mit möglichst geringen Kosten. 
Bei Jndustrieerzeugnissen ist dann Massenfabrikation, also kapitalistischer Gro߬ 
betrieb nötig (s. unten!). Hohe Preise gestatten oft auch kleineren, arbeits- 
intensiv wirtschaftenden Unternehmern die Erzeugung. (Gemüsebau.) 
Herrschen in einer Gegend billige Arbeitslöhne, so können dieselben benutzt 
werden, um für Landschaften mit hohen Löhnen zu fabrizieren. Jedoch wird 
ein Unternehmen nur dann mit Erfolg arbeiten können, wenn Produktions- und 
Absatzgebiet durch günstige Verkehrswege verbunden sind, welche die Beförderung 
der Erzeugnisse unter Berücksichtigung der zu erzielenden Preise gestatten. Die 
Höhe der Transportkosten wirkt daher auf die Wahl des Betriebssystems eben- 
falls bestimmend. 
2. Naturverhältnisse (besonders Boden und Klima). Von ihnen hängen 
hauptsächlich die landwirtschaftlichen Betriebssysteme ab. Sind sie günstig, so 
können vielerlei und hochwertige Pflanzen (Gemüse, Obst, Handelspflanzen)
	        
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