C. Wirtschaftliche Gesichtspunkte. 115
gebaut werden und der Betrieb kann intensiv sein. Sind sie dagegen ungünstig,
so können nur wenige landwirtschaftliche Produkte (nur einzelne Getreidearten,
Kartoffeln, Vieh) hervorgebracht werden, und die Wirtschaft muß meist extensiv sein.
Die große Bedeutung der Natur für die Landwirtschaft begründet hinsichtlich der
Wahl der Betriebssysteme einen tiefgreifenden Unterschied zwischen ihr und der Industrie.
Da der Boden nicht beliebig viel Ertrag geben kann, und die Beeinflussung des
Wetters sich der menschlichen Macht entzieht, ist der dem Lande durch größeren Arbeits-
und Kapitalaufwand entrungene Mehrertrag verhältnismäßig kleiner als die dadurch
entstandenen Kosten. Je mehr produziert wird, um so größer ist daher der auf
die gleiche Gütermenge entfallende Teil der Kosten, um so teurer wird also das
Produkt selbst. In der Industrie ist es gerade umgekehrt: je mehr hergestellt wird,
um so geringer wird der aus das einzelne Erzeugnis entfallende Kostenan-
teil. Daraus folgt, daß die Industrie auch bei sinkenden Preisen zu größerer Intensität
übergehen kann, meistens sogar muß, während die Landwirtschast dann zu extensiveren
Betriebssystemen zurückkehren wird. Da die Preise in unserer Landwirtschaft durch Schutz-
zölle hoch gehalten werden, kann der deutsche Landwirt intensiv arbeiten, in England ist
dies nicht mehr möglich,^ da keine Zölle den Getreidepreis beeinflussen, daher ist feine
Landwirtschaft zum großen Teil extensiv. (Viehzucht.)
3. Arbeit und Kapital. Da die höheren Betriebssysteme intensiver sind,
so ist ein Fortschritt immer nur möglich, wenn auch genügende Arbeitskräfte oder
das nötige Kapital zur Verfügung stehen. In der Industrie können die Arbeits-
kreiste in sehr weitgehendem Maße durch Kapital (Maschinen usw.) ersetzt werden,
daher ist es hier für den Unternehmer ausschlaggebend, wieviel Kapital ihm zur
Verfügung steht, und danach richtet er sein Betriebssystem ein (Arbeiter, Lohn-
werker, Handwerker, Fabrikant). Der Landwirt kann nur zum Teil Arbeitskräfte
durch Maschinen ersetzen, infolgedessen zwingt die Arbeiternot manche landwirt-
schastliche Unternehmer, sich wieder extensiveren Betriebsarten zuzuwenden.
4. Besitzgrößen. Auch sie spielen besonders in der Landwirtschaft eine
entscheidende Rolle. Der Besitzer kleiner und mittlerer Güter, der seine Produkte
nur in geringeren Mengen auf den Markt bringen kann, ist darauf angewiesen,
möglichst hohe Preise zu erzielen, also möglichst hochwertige Güter (Gemüse,
Obst, Geflügel usw.) zu erzeugen. Sein Betriebssystem muß daher ein arbeits-
intensives sein. Der Großgrundbesitzer kann sich im allgemeinen nur mit der
Gewinnung von Massengütern, in erster Linie Getreide, befassen. Das von
ihm gewählte Betriebssystem wird meist extensiv oder kapitalsintensiv sein.
5. Kenntnisse. Je höher ein Betriebssystem ist, je ungleichmäßiger ist
der Anspruch an die geistigen Fähigkeiten des Unternehmers einerseits und des
Arbeiters andererseits. Beim Handwerker wird bei Meister und Geselle ungefähr
das gleiche Maß mittlerer Bildung vorausgesetzt. Bei dem Fabriksystem werden
an den Unternehmer außerordentlich hohe Ansprüche gestellt; er braucht außerdem
meist einen Stab von trefflich gebildeten Hilfskräften, während beim Arbeiter
selbst die vom Handwerker geforderte Handfertigkeit nicht mehr in allen Fällen
erforderlich ist, da er nur seine Maschine mit einfachen Handgriffen zu bedienen
hat. Ähnlich liegen die Verhältnisse in der Landwirtschaft. Auch hier gehört
zur Leituug eines modernen Betriebes eine vorzüglich geschulte und tüchtige
Kraft, während dem Arbeiter wenig oder keine geistige Arbeit zugemutet wird.
(Polnische und galizische Arbeiter.)