136 HI. Teil. Welthandel und Weltverkehr.
zu kennen. Er wird in sogenannten Wollkonditionier-Anstalten festgestellt. Zu dem hier
ermittelten Trockengewicht schlägt man gebrauchsmäßig bei Streichwolle 17, bei Kamm¬
wolle 18'/4 % für zulässige Feuchtigkeit hinzu.
Da die Rohwolle mit viel Schweiß und Schmutz behaftet ist, muß sie zunächst
gewaschen werden. Die Wollwäschereien befinden sich zum Teil in den Exportländern,
die meisten jedoch in den Jmportstaaten.
3. Seide. Die Menge der in den Handel gelangenden Seide bezifferte
sich 1906 auf über 20 Millionen kg. Die wirkliche Produktion ist natürlich
wegen des großen Eigenverbrauchs der Haupterzeugungsländer bedeutend größer.
Während in der Produktion China unzweifelhaft noch an erster Stelle steht,
hat es diesen Platz im Seidenhandel an Japan abtreten müsfen. 1905
führte Japan bereits 28, China nur 27 °/0 aller im Handel befindlichen Seide
aus, und 1906 foll die japanische Ausfuhr die chinesische fogar um ein Drittel
übertroffen haben. Als ein ebenfalls hervorragender Seidenlieferant ist Italien
zu nennen, das von den obigen 20 Millionen kg 43/4 Millionen gewann. Diese
drei Länder zusammen bringen demnach über 4/ö aller Seide auf den Markt.
Der Rest wird von der Levante, Mittelasien, Frankreich, Österreich-Ungarn und
Indien hervorgebracht. Als wichtigste asiatische Seidenmärkte sind Schanghai,
Kanton, Jokohama und Kalkutta zu nennen. Kleinasien führt über Beirut,
Smyrna und Bruffa aus, die Türkei über Saloniki und Adrianopel. Der
italienische Hauptmarkt ist Mailand, neben dem noch manche andere Plätze
Oberitaliens wichtig sind. Die nach Europa verkaufte Seide wird größtenteils
in Frankreich, Deutschland, England, Österreich-Ungarn und der Schweiz ver-
arbeitet. Sie gelangt über Marseille, London, Trieft und Hamburg in diese
Gebiete. Die maßgebenden Märkte für den europäischen Seidenhandel sind
Mailand, Lyon, Crefeld, Wien und Zürich. Sehr viel Seide (und Seiden-
waren) werden von Japan direkt nach den Vereinigten Staaten über San
Franziska verfrachtet.
Seide ist der abgehaspelte Faden, aus dem die Raupe des Seidenspinners ihre
Puppenhülle, den Kokon, herstellt (s. Bd. I, S. 168). Er setzt sich eigentlich aus zwei
Fäden zusammen, die durch Absonderung der Seidensubstanz aus zwei Drüsenröhren
entstehen und durch den Seidenleim, eine Ausscheidung anderer Drüsen, zusammengehalten
werden. Die Güte der Seide liegt in ihrem Glanz, ihrer Geschmeidigkeit und ihrer Färb-
barkeit. Diese Eigenschaften werden aber erst dadurch entwickelt, daß man die Rohseide
oder die zu stärkeren Fäden gezwirnte Seide in Seifenwasser kocht, wodurch der Seiden-
leim aufgelöst wird.
Die aus dem inneren, verklebten und dem äußeren, lockeren Teil der Puppenhülle
gewonnene Seide ist minderwertig und wird zur Herstellung von Florettseide benutzt, die
bei Seidengeweben als Einschlag dient. Die beste Seide stammt aus dem mittleren Teil
des Kokons, der sich zu einem ununterbrochenen 3—800 Meter langen Faden abhaspeln läßt.
Wie die Wolle, so ist auch die Seide sehr hygroskopisch. Auch bei ihr muß daher
in Konditionieranstalten das Trockengewicht bestimmt werden. Durch Zuschlag von 11 °/o
ergibt sich daraus das Handelsgewicht. In den genannten Anstalten wird gleichzeitig
die Feinheit, der Titre, bestimmt. Man drückt ihn durch das Gewicht aus, das ein
1000 Meter langer Faden besitzt.
c. mineralische Rohstoffe.
1. Kohle. Von der Kohlenproduktion der Welt, die 1905 840 Millionen
Tonnen betrug, brachten die Vereinigten Staaten 42 %, Großbritannien 28,