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ihre eintönige Melodie und kehren, wenn Weihnachten vorüber, mit den paar
gewonnenen Paoli heim in ihre abgelegenen heimathlichen Berge. Sie tragen
Hosen und Weste von Ziegensell, die rauhe Seite nach Außen gekehrt, an den
Füßen Sandalen, aus dem Haupte einen spitzen Hut mit breiter Krempe, um
die Schulter eine Schärpe und braunen Mantel, die sie kunstvoll umzuschlagen
wissen. (1870 sind die Pifferari abgestellt.)
Der Kirchenstaat ist seit Ausgang 1870 dem Königreich Italien ein-
verleibt, Rom dessen Hauptstadt geworden, der Papst hat, unbeschadet seines
geistlichen Regiments, seine weltliche Herrschaft verloren. — Die Papstwahl
geschieht durch das Cardinalscollegium. DieCardinäle, deren nicht mehr als 70
sein dürfen, wählen, sobald ein Papst gestorben, im Conclave (indem Palast auf dem
Möns Quirinalis, s.o.) den Nachfolger, der dann in der Peterskirche mit großer
Pracht gekrönt wird und einen andern Namen annimmt. Die Cardinäle er-
wählt der Papst und verkündigt die Wahl entweder sofort in einem öffentlichen
Consistorium oder behält sie noch einige Zeit in petto d. h. in der Brust, still-
schweigend; sie verwalten das Land; sie sollen aus allen katholischen Völkern
genommen werden, sind aber meist Italiener. Das Haupt des aus Cardinälen
bestehenden Ministerraths ist der Cardinal-Staatssecretair. Die größeren
Erlasse des Papstes heißen Bullen, die kleineren Brev en; jene werden nach
den Ansangsworten bezeichnet. Seine Gesandten an den katholischen Höfen
heißen Nuntien. Die Verwaltung des Kirchenstaates hat weder die Schulen
zu heben, noch die Gewerbe zu beleben, noch Handel und Verkehr durch gute
Straßen zu fördern, noch das Land von den zahllosen Räuberbanden zu rei-
nigen vermocht. Alle Wege und Stege sind in Rom von Bettlern belagert,
Fieberkranke, durch die Malaria um das Augenlicht gekommene Blinde, Krüppel
aller Art stehen, liegen umher und flehen um eine Gabe; und im Gefängniß
waren beispielsweise im Jahre 1854 über 13000 Menschen. Aber an geist-
lichen Orden, an Klöstern und Mönchen und Nonnen ist das Land überreich.
Tivoli, das alte Tibur, liegt am Apennin und am Anio, der hier
prächtige Fälle bildet, in seiner blüthen- und farbenreichen malerischen Um¬
gebung schöne Grotten und Ruinen, z. B. von einem Tempel der Sibylla im
Rundbau am Felsenabhang über dem brausenden Wassersturz des Anio, Mauern
von einem.Tempel der Vesta, von Villen des Varus und des Mäcenas u.s.w.
Denn die reichen Römer weilten gern an diesem überaus lieblichen Orte. —
Albano, das alte Albalonga. Ostia, im Alterthum Roms natürlicher Hasen-
platz, mit großem Handel in Wein, Oel, Getreide; jetzt fast Meile von der
Küste entfernt, ein kleiner ärmlicher Ort, aber wichtig durch kostbare Aus-
grabungen, Theater, Tempel, Marmorbäder, Statuen, Inschriften. Ci-
vitavecchia, befestigter Seehasen, am tyrrhenischen Meere. Viterbo.
Bolsena, an dem See d. N. (nimium est est.)
K. In der Nähe von Rimini, einem versandeten Hasen am Rubicon
und einst am Meere, liegt vom Kirchenstaat eingeschlossen die kleine Republik
San Marino, 469 vom Einsiedler Marinus gestiftet. Der kleinste Staat
Europas — sie hat nur 1,04 DM. und 6000 Einw. in einer Stadt und vier
Dörfern — hat sie sich doch seit 13 Jahrhunderten unabhängig erhalten. —