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den Kostbarkeiten, In ihrer Sucht nach Reichtum vergaß sie das
Kind mit aus dem Berge zu nehmen. Da verschloß sich die Pforte.
Vergebens war das Klagen und Schreieu der geängsteten Mutter.
Ihren kostbarsten Schatz, ihr Kind, hatte sie verloren. — Genau nach
einem Jahr öffnete sich der Berg in demselben Augenblick, als die
Frau am Orte ihres Unglückes saß und das Kind beweinte. Zagend
trat sie ein. Da sah sie zu ihrer größten Freude das zurückgelassene
Kind gesund und wohl vor sich stehen. Diesmal wollte sie nichts
wissen vou all den Herrlichkeiten. Nur ihr Kind nahm sie und eilte
heim in ihr Stübchen nach Bischofsgrün.
Zusammenfassung.' Die B e e r e n f n ch e r i n.
3. Auch Salomo soll im Ochsenkopf schlafen. „Der weife König
hatte einst verordnet, daß man nach seinem Tode ihn in einen silbernen
Sarg lege, diesen ans einen mit sechs weißen Ochsen bespannten
Wagen lade und dann die Tiere ohne Führer ihres Weges gehen
lasse. Wo sie stille ständen, da wolle er begraben sein. So geschah
es anch, Die weißen Zugtiere gingen bis hinaus ins Fichtelgebirge.
Auf dem Ochsenkopfe, wo sich damals eine prächtige Kapelle mit
goldenen Altären erhob, blieben sie stehen und Sarg, Wagen mitsamt
der Kirche verschwanden langsam im Innern des Berges. Hinter dem
Altare liegt nun der König und von oben träufelt unaufhörlich Gold
hernieder. So manches Sonntagskind, das den Eingang zur Kapelle
offen fand und hineintrat, hörte den König Salomo hinter dem Altar-
deutlich schnarchen." *)
Zn sammen sassnng: König Salomo im O ch se nf o p f.
4. Einst hüteten am Ochsenkopfe zwei Knaben und ein Mädchen.
Die Knaben waren Kinder wohlhabender Landleute; des Mädchens
Eltern aber waren arm. Die kleinen Gefährten erzählten sich allerlei
Märlein, die sie von den Geistern des Ochsenkopfes wußten. Da ge-
sellte sich zu ihnen ein kleines graues Mäunchen, welches aufmerksam
ihren kindlichen Gesprächen zuhörte. Endlich sprach es: „Ihr seid
gute Kinder; darum will ich auch nicht von euch gehen, ohne euch zu
beschenken." Es zog aus der Tasche drei Laiblein Brot und gab
jedem Kinde eines. Darauf entfernte es sich. Die beiden Knaben
lachten ob des ärmlichen Gescheuks und hielten es nicht wert. Der
eine nahm sein Laiblein und warf es auf die Erde. Es hüpfte den
Berg hinab in possierlichen Sprüngen, bis es sich zwischen struppigem
Gebüsch verlor. Da sprach der andere Knabe: „Halt, mein Laiblein
muß das deiuige suchen!" und warf es ebenfalls auf die Erde. ^ Es
nahm denselben Weg wie das erste. Nun wollten die leichtsinnigen
Knaben anch das Mädchen bereden, ihr Geschenk wegzuwerfen. Die
*) Wörtlich nach T r i n i u s.