70 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands re.
Heinrich sich noch einmal an den Kaiser an und bekriegte Frankreich
zwei Jahre lang, gewann aber nur den Besitz von Boulogne auf acht
Jahre. In seinen letzten Jahren wurde er so beleibt, daß er nur durch
eine Maschinerie von einem Zimmer in das andere gebracht werden konnte.
Er starb am 28. Januar 1547, 56 Jahre alt, im 38. seiner Regierung,
nachdem er wenige Tage vorher den Sohn des Herzogs von Norfolk,
auf den die Katholiken Hoffnungen setzten, hatte hinrichten lassen.
Eduard VI. (1547- 1553).
Statt dieses neunjährigen Monarchen regierte ein Regentschastsrath,
in welchem Lord Somerset und Erzbischof Kranmer alles vermoch¬
ten. Sie reformierten nun durch das Parlament König Heinrichs Reforma¬
tion; die sechs Blutartikel wurden abgeschafft, der König aber zum Ober¬
haupt der Kirche erklärt und ihm die Ernennung der Bischöfe überlassen.
Kranmer gab den Geistlichen ein Homilienbuch, einen Katechismus, ein
allgemeines Gebet- und Ritualbuch. Die Messe und der Cölibat der
Geistlichen wurden aufgehoben und das Abendmahl in zwei Gestalten
eingeführt. Durch ein Glaubensbekenntniß in 39 Artikeln, an welchem
der deutsche Reformator Bucer mitarbeitete, wurde die englische Kirche
zu einer protestantischen vollends umgeschaffen, obwohl Kranmer das
Episkopalsystem beibehielt, die Bischöfe als Nachfolger der Apostel
erklärte, auch einige Gebräuche der katholischen Kirche bestehen ließ
und einige nichtproteftantische neue einführte. Die englische Kirche
wurde auf diese Weise dem monarchischen Systeme Englands angepaßt,
und die Bischöfe Bonner von London und Gardiner von Winchester,
welche widersprachen, kamen dafür in den Tower, einige Sektierer aber
wurden hingerichtet. Lord Somerset fein Seymour, also Verwandter
des Königs) wurde durch seine Gewaltthätigkeit dem Adel und gemeinen
Volke verhaßt, durch Warwick gestürzt und daun auf Befehl des
Königs hingerichtet (22. Januar 1552). Warwick regierte seitdem als
Lord Northhumberland und bewog den kranken König, seine beiden
Schwestern Maria und Elisabeth der Thronfolge für unfähig zu erklären
und Johanna Gray, die Gemahlin von Northhumberlauds Sohne
Dudley, die Enkelin von Heinrichs VIH. jüngerer Schwester Maria,
eine Protestantin, zur Thronfolgerin zu erklären.
Königin Maria (1553 — 1558).
Johanna Gray konnte sich nach Eduards VI. Tode (6. Juli
1553) nicht behaupten, denn Adel und Volk erklärten sich für Heinrichs
Tochter Maria. Der gehaßte Northhumberland starb durch das Beil
und nach kurzem Gefängnisse wurden auch Johanna Gray und Dudley
der Sicherheit des Thrones geopfert (13. Februar 1554). Das Par¬