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Die Begründung Wölfischer Macht in Norddcutschland.
Billing selbst erzählt man, dass er auf dem noch jetzt so benannten
Hofe StübeckesHorn (in der Bauerschaft Hötzingen) östlich von
Soltau, also recht im Herzen der Lüneburger Haide, geboren sei;
gewift ist jedenfalls, dass sein Haupthos nach ihm Hermannsburg
(das jetzige Dorf gleiches Namens) genannt worden ist. Sein und
seiner Nachfolger Hauptsitz war aber das von ihm erbauete Schloß
auf dem Kalkberge vor Lüneburg. Zu dem großen eigenen Familien-
besitze kam aber nun noch der Genuß vieler einst von Karl dem
Großen durch Konfiskationen im Sachsenlande gebildeter Reichsgüter,
welche ihm vom Kaiser überlassen wurden als Besoldung für das
übernommene Herzogsamt. Da nun die nächsten Nachfolger Otto's
bekanntlich ihr Augenmerk und ihre Thätigkeit fast nur auf die Er-
Werbung und Behauptung Italiens lenkten und das Sachsenland
kaum betraten, so gelang es, wie den meisten großen Lehnsinhabern
in und außer Deutschland, auch den Billingen, in deren Geschlechte
die Herzogswürde über Sachsen forterbte, jenes kaiserliche Gut zu-
nächst wohl gegen große den Kaisern geleistete Gelddarlehen als
Pfand zu erwerben, und dann mit dem eigenen freien (Allodial-)
Besitze zu vermengen. Erst die Fränkischen Kaiser, besonders Hein-
rich III und sein unglücklicher Sohn Heinrich IV suchten das kaiser-
liche Ansehen in Sachsen wieder herzustellen und Klarheit in die
Verhältnisse zu bringen, und das hat dann zum Theil die Veran-
lassung zu den erbitterten Kämpfen gegeben, welche unter der Re-
gierung Heinrichs IV und seines Sohnes Heinrich V das Sachsen-
land verheerten und doch für die Kaiser nicht zu dem gewünschten
Resultate führten-, die große Frage, wie weit das ehemalige Krön-
gut dem Reiche zustehe, und ob der Kaiser berechtigt sei, es wieder
zurückzufordern, wurde nicht erledigt, und so wurden hier in Sachsen,
wie überall in Deutschland aus Beamten des Kaisers Fürsten
des Reiches. Das Kaiserthum war in seinen Grundlagen erschüttert.
Während dieser Kämpfe starb das Geschlecht der Billinge mit Herzog
Magnus im Jahre 1106 aus. Er hinterließ zwei Töchter, von
denen die ältere, Wulfhild mit Namen, an den Welfen Heinrich
den Schwarzen vermählt war und diesem den größten Theil der
väterlichen Besitzungen, einen 'großen Theil des jetzigen Fürstenthumes
Lüneburg, zubrachte.
Damit gewann ein Geschlecht, welches bereits in Süddeutsch-
land reichen Besitz hatte, festen Fuß in unserm Lande. Der edle
Stamm der Welfen läßt sich bis ins früheste Mittelalter zurück
verfolgen. In Schwaben, namentlich in der Umgegend des Boden-
sees lagen die reichen Güter eines Geschlechtes, welches in Altorf