Full text: Das Mittelalter (Bd. 2)

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Die Völkerstämme des freien Germaniens. §. 1. 
Colonia Agrippina (Köln), Novesium (Neuss), Caslra velera (bei Xanten). 
Jenseit des Rheines hatten die Römer noch einzelne Punkte befestigt, so¬ 
wohl zur Sicherung ihrer Grenzen, als um den Uebergang ihrer Legionen 
auf den feindlichen Boden zu erleichtern. Als sie auch zusammenhängende 
Besitzungen auf dem rechten Ufer des Oberrheins und dem linken der 
obern Donau, die sog. agri decumates (Zehntländer? — im Gegensätze zu 
solchen, die römische Provinzialeinrichtungen hatten), gewannen, legten 
sie, um diesen „sinus imperii“ zu schützen, einen (durch einen Graben, 
zahlreiche Thlirme und Castelle) befestigten Grenzwall an (vallum Roma- 
num, vielleicht grösstentheils nur eine hochliegende Heerstrasse ?), welcher 
nach den noch vorhandenen Spuren (dem Pfahlgraben am untern Main, der 
Teufelsmauer an der obern Donau) sich von dem Einflüsse der Altmühl in 
die Donau oberhalb Regensburg bis an den Niederrhein (vielleicht bis zum 
Siebengebirge) erstreckte. 
^ 2- Die Völker stamme des freien Germaniens.1) 
Die Germanen, ein Zweig der grossen indisch-europäischen 
Völkerfamilie (s. I. Bd. §. 4), scheinen bei ihrer Einwanderung nach 
Deutschland die Celten, das im 6.—4. Jhdrt. v. Chr. in Mitteleuropa 
herrschende Volk, theils aufgerieben, theils verdrängt zu haben. Die 
zahlreichen germanischen Stämme wurden durch kein politisches 
Band zusammengehalten, wiewohl sie durch gemeinsame Sprache, 
Götterglauben und Rechtsgewohnheiten verbunden waren. Bei aller 
Zersplitterung hatte sich doch das Bewusstsein der Einheit erhalten 
in der Sage von dem gemeinschaftlichen Stammvater Tuisco und 
dessen Sohne Mannus. Tuisco’s Enkel wurden als die (mythischen) 
Ahnherren der drei Hauptstämme, der Istävonen, Ingävonen und 
Hermionen* 2), angesehen. Der Name Germanen scheint durch die 
Celten von einem einzelnen Stamme auf das ganze Volk übertragen 
worden zu sein, welches selbst keinen einheimischen Gesammtnamen 
kannte. 
A. D i e W e s t g e r m a n e n 3) (oder die nicht suevischen Germanen). 
Unmittelbar am Niederrhein wohnten die Usipier oder Usipeter 
und die Tencterer, welche von Caesar stets als verbunden, fast wie ein 
‘) S. den Carton oben rechts auf der Karle am Ende dieses Bandes und 
vgl. das letzte Blatt in Pütz’ historisch-geographischem Schulatlas, 1. Abtheil., 
nebst dem Texte. 
2) Ueber diese mythische Dreitheilung vgl. R. Usinger in den For¬ 
schungen zur deutschen Geschichte, II. Bd. S. 595 ff., besonders S. 610 f. 
3) Watterich, die Germanen des Rheins, 1S72. — Vgl. die beiden Karten 
im I. Bande von Ed. v. Wietersheim, Gesell, der Völkerwanderung, welcher 
(mit Zeuss) die Marsen und Sigambrer für dasselbe Volk hält.
	        
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