Full text: Erdkunde in anschaulich-ausführlicher Bearbeitung (Nr. 6)

Strümpfe und Bänder gewebt, Löffel und Spielwaren geschnitzt:c. Mit diesen Sachen 
ziehen im Frühjahre die Männer als Hausierer in die weite Welt hinaus, doch kehren 
sie meistens mit Beginn des Winters zurück und verzehren dann in der „verschneiten" 
Hütte den sauer erworbenen Verdienst mit den Ihrigen. (Sächs. Bergl. S. 41.) 
15. Der Harz. Der östliche, niedrigere Teil des Harzes heißt Unterharz; der- 
selbe hat ein mildes Klima und ist daher meist mit Laubwäldern bestanden. Der 
schönste Punkt ist hier das Bodethal mit der Roßtrappe und dem Hexentanzplatze. 
Der westliche, höhere Teil des Harzes heißt Oberharz und ist seines rauhen Klimas 
wegen vorherrschend mit Fichtenwäldern bedeckt. Hier liegt der höchste Berg des Harzes, 
der Brocken. 
16. Der Brocken (Blocksberg) ist 1140 in hoch. Von Wernigerode und Ilsen- 
bürg führen gebahnte Wege auf seinen Gipfel. Zu beiden Seiten begleiten uns hier 
hohe Tannen und riesige Felsblöcke, die einst als „Brocken" von dem ehemaligen 
Granitfelsen hoch oben herabstürzten. Hier und da taucht vor unsern Augen eine 
menschliche Wohnung auf, von schwarzen, rußigen Gestalten bewohnt: es ist eine 
Köhlerhütte. Dicht dabei dampft der Meiler. Je höher wir kommen, desto feuchter 
und kälter wird die Luft. An die Stelle der schlanken Tannen treten daher krüppelhafte, 
mit langen Flechten besetzte Bäumchen, deren Gezweig infolge der starken Weststürme 
vorzugsweise nach Osten gerichtet ist. Auf dem Gipfel des Brockens bedecken nur 
Moos, Gras, niederes Gesträuch, Heidekraut und „Hexenbesen" (Brockenanemone) den 
moorigen Boden. Ein schönes Gasthaus ladet uns zur Einkehr ein; dicht bei dem- 
selben steht ein Aussichtsturm. Aber nicht allzuoft läßt der Brocken den Harzwanderer 
eine schöne Fernsicht genießen. Er ist ein gar mürrischer, launischer Gesell, der auch 
im Sommer am liebsten die „Nachtmütze" aufsetzt und „braut", wie der Volksmund 
sagt, wenn der „Alte" sich plötzlich in seinen dichten Wolkenmantel hüllt. Ringsum 
auf der Brockenspitze liegen eine Menge Felsen von mancherlei Gestalt und Namen 
umher. Da giebt es einen Hexenaltar, eine Tenselskanzel, ein Hexenwaschbecken, einen 
Hexenbruuuen :c., lauter Namen, die uns die Sage von der Walpurgisnacht ins Ge- 
dächtnis zurückrufen. 
17. Mit zunehmender Höhe nimmt die Wärme ab. Wenn die umliegenden 
Thäler und Felder längst ihr Frühlingskleid angezogen haben, dann erglänzt der Brocken 
meist noch lange — zuweilen bis in den Juni hinein — in einer weithinleuchtenden, 
diamantenen Schneekrone. Man sollte eigentlich meinen, auf den Bergen müßte der 
Schnee früher schmelzen als in den Thälern und Ebenen, da die Berggipfel ja der 
Sonne näher liegen als jene. Das ist aber nicht so. Aus hohen Bergen ist es be- 
deutend kälter als in der Ebene, und je höher man steigt, desto kälter wird es. Die 
Luft erhält nämlich ihre Wärme von den sie durcheilenden Sonnenstrahlen nur zum 
kleinsten Teile. Die meiste Wärme empfängt sie durch Wärmeausstrahlung der (von 
der Sonne erwärmten) Erdoberfläche. Da nun die unteren und dichteren Lustschichten 
der erwärmten Erde näher sind als die oberen und dünneren Luftschichten, so erklärt 
sich daraus, daß die unteren Lustschichten wärmer sind als die oberen. Je höher aber 
die erwärmte Lust emporsteigt, desto mehr erkaltet sie, und die wenigen in sie hinein- 
reichenden Berggipfel vermögen sie nicht mehr zu erwärmen. Schon in einer Höhe 
von etwas über 4 km herrscht (selbst in der heißen Zone) ewige Eiskälte. Daher 
sind auch die höchsten Berggipfel das ganze Jahr hindurch mit „ewigem Schnee" bedeckt, 
obwohl die Sonne sie ebensogut, ja, noch besser bescheint als die Ebenen und Thäler. 
18. Der Thüringer Wald. Seine höchsten Punkte sind der Schnee köpf, der 
Beerberg und der schöne Inselsberg, „der Brocken des Thüringer Waldes". Vom 
Inselsberge aus hat man eine wundervolle Aussicht auf das ganze Waldgebirge. Die 
schönsten Punkte des Thüringer Waldes sind das liebliche Schwarzathal zwischen 
Blankenburg und Schwarzburg und das Nordwestende mit dem Annathal und der
	        
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