Full text: Erdkunde in anschaulich-ausführlicher Bearbeitung (Nr. 6)

dische Feigen), von denen oft ein einziger Baum mit seinen Lustwurzeln ganz allein 
für sich einen Wald bildet. Im März beginnt die heiße Jahreszeit. Das Gras ver- 
dorrt, die Bäume entlauben sich, und der Boden wird zu Staub. Die Lust glüht 
wie ein Ofen, der Kopf wird betäubt, kein Schlaf stärkt die erregten Nerven. Tag 
und Nacht ist jeder in Schweiß gebadet. Alles sehnt sich nach Regen, der sich gewöhn- 
lich auch im Mai einstellt. 
5. Das Hochland von Dekan senkt sich von Westen nach Osten, ist aber sowohl 
an der Westküste (Malabar) wie an der Ostkliste (Koromandel) mit Randgebirgen um- 
geben. Diese üben auf das Klima der Halbinsel einen großen Einfluß aus. Wenn 
nämlich vom Mai bis September die Monsunwinde aus Südwest wehen, so entladen 
sich die Regenwolken an der Westküste, während die Ostküste dürr und regenlos bleibt. 
Wenn aber vom Oktober bis April die Winde aus Nordost wehen, dann hat die 
Ostküste Regen, nicht aber die Westküste. Das Innere des Landes aber bekommt 
nur selten Regen (warum? S. 67) und ist daher vielfach dürr und wüstenartig. 
Auf einer kleinen Insel an der Westküste liegt Bombay [bombeh] (800 T.), der 
Haupthafen für Baumwolle und Baumwollenwaren. An der flachen Ostküste liegt 
an der einzigen Stelle, die durch größere Schiffe zu erreichen ist, die Hafenstadt 
Madras (400 T.). 
6. Die Bewohner Vorderindiens (260 Millionen) gehören größtenteils dem 
Hindustamme an. Nur etwa der siebente Teil besteht aus Muhamedanern und ein- 
gewanderten Christen. (Etwa 12 000 Europäer.) 
Die Hindu bilden noch heute wie vor Jahrtausenden vier Kasten: 1. Brah- 
manen oder Priester; 2. Krieger; 3. Ackerbauer und Gewerbtreibende und 4. Knechte. 
Zu keiner Kaste gehören die Parias. Dieselben sind so verachtet, daß niemand sie 
berühren noch mit ihnen essen und trinken darf. Die Hindu verehren Brahma als den 
Schöpfer, Wifchnu als den Erhalter und Schiwa als den Zerstörer der Welt. Diesen 
Götzen bringen sie in prachtvollen Tempeln (Pagoden) Opfer. Nach ihrem Glauben 
wandert die Seele eines Verstorbenen in den Leib eines andern Menschen oder Tieres. 
Daher scheuen sie sich, irgend ein Tier zu töten, ausgenommen Fische. Wer mit 
Brahma vereinigt werden will, muß jede Arbeit meiden und alles um sich her ver- 
gessen. Daher sieht man an allen öffentlichen Plätzen die Büßer vor ihren Götzen- 
bildern sitzen. Sie peinigen sich in jeder nur denkbaren Weise. Dort sitzt einer im 
heißen Sonnenbrande noch zwischen fünf Feuern, ein andrer steht tagelang auf den 
Zehenspitzen; dieser macht weite Reisen in Schuhen mit spitzen Nägeln, jener hängt 
sich so lange an einen Baum, bis ihm die Arme absterben. Das Leben ist für den 
Hindu nur eine Prüfungszeit, die er auf jede Weise abzukürzen sucht. Daher ziehen 
auch alljährlich große Scharen nach Benares und stürzen sich in die heiligen Fluten 
des Ganges. Gewöhnlich verbrennen die Hindu ihre Toten. Die Sitte jedoch, daß 
sich die Frau beim Tode ihres Mannes mit ihm verbrennen läßt, ist von den Eng- 
ländern ausgerottet worden. — Das Christentum findet nur langsam Eingang. 
7. Seit 1857 steht Vorderindien vollständig unter der Herrschaft Englands, 
dessen Königin seit 1876 auch den Titel „Kaiserin von Indien" führt. Zu Vorder- 
indien gehört auch die Insel Ceylon (Kaffee). 
26. Hinterindien. (4mal so groß wie Deutschl. — 40 M.) 
1. Von den mächtigen Strömen, welche das Land durchfließen, ist der Mekong 
am bedeutendsten. In den Niederungen gedeiht der Reis so vorzüglich, daß auch 
Vorderindien z. T. von hier aus damit versorgt werden kann. Die Westküste ist 
im Besitz der Engländer; den übrigen Teil nehmen die Reiche Annam, Siam
	        
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