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278. Da6 Märchen vom Mann int Monde.
Von Ludwig Bechstein.
1. Vor uralten Zeiten ging einmal ein Mann am lieben
Sonntagmorgen in den Wald, haute sich Holz ab, eine gro߬
mächtige Welle, band sie, steckte einen Staffelstock hinein, hockte
die Welle auf und trug sie nach Hause zu.
2. Da begegnete ihm unterwegs ein hübscher Mann in
Sonntagskleidern, der wollte wohl in die Kirche gehen, blieb
stehen, redete den Wellenträger an und sagte: „Weißt du nicht,
daß auf Erden Sonntag ist, an welchem Tage der liebe Gott
ruhte, als er die Welt und alle Tiere und Menschen geschaffen?
Weißt du nicht, daß geschrieben steht im dritten Gebot: Du
sollst den Feiertag heiligen?" Der Fragende aber war der
liebe Gott selbst. Jener Holzhauer jedoch war ganz verstockt
und antwortete: „Sonntag auf Erden oder Montag im Himmel,
was geht das mich an, und was geht es dich an?"
3. „So sollst du deine Reisigwelle tragen ewiglich!" sprach
der liebe Gott, „und weil der Sonntag auf Erden dir so gar
unwert ist, so sollst du fürder ewigen Montag haben und im
Mond stehen, ein Warnungsbild für die, welche den Sonntag
mit Arbeit schänden!"
Von der Zeit an steht im Mond immer noch der Mann
mit dem Holzbündel und wird wohl auch so stehen bleiben bis
in alle Ewigkeit.
278. Das fremde Lind.
Von Franz Graf Pocci.
In einem kleinen Häuschen am Eingang eines Waldes
lebte ein armer Tagelöhner, der sich mit Holzhauen mühsam
sein Brot verdiente. Er hatte ein Weib und zwei Kinder, die
ihm fleißig zur Arbeit halfen. Das Knäblein hieß Valentin