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C. Didaktische Prosa. VI. Reden.
So sahn wir Dich halten die Wacht,
Die Wacht am Rhein —
Dem ganzen Deutschland galt Dein Ringen,
Und die Nacht ward hell von des Himmels Blitz,
Und solange das Lied von Deutschland wird klingen,
Klingt auch das Lied von unserem Fritz!"
Aber ob er auch groß war im Kriege, er war noch größer im Frieden.
Ihn hatte die Muse schon bei seiner Geburt gnädig angeschaut und auf die
Stirn geküßt, und so ward er jener ideal gerichtete Mann, der für alles,
was schön und gut, was groß und edel ist im Leben wie in der Kunst,
in der Wissenschaft wie in der täglichen Hantierung, ein warmes Herz, eine
lebendige Teilnahme und ein tiefes Verständnis besaß; der jeder inneren
Regung seines Volkes nahe stand und seinen Stolz darein setzte, unter der
Herrschaft des goldenen Friedens die reichen Kräfte, die Gott dem deutschen
Volke gegeben, zu schöner Blüte zu entfalten. Gelehrte und Künstler durften
sich seiner Huld rühmen; die Universitäten erfreuten sich seiner besonderen
Gunst; von den Schulen, höheren wie niederen, verlangte er mit weiser
Einsicht, daß sie nicht bloß das Wissen mehren oder gar einer unseligen Halb¬
bildung Vorschub leisten, sondern daß sie bilden, daß sie erziehen sollten; die
Ausgrabungen zu Olympia und zu Pergamon, die ungeahnte Schätze zu¬
tage gefördert haben, sind in erster Reihe seinem persönlichen Eingreifen
zu danken; die prachtvollen Paläste der Berliner Museen für Kunstgewerbe
und Völkerkunde wären schwerlich da, wenn er sich der Sache nicht warm
angenommen hätte; und noch viele andere große Unternehmungen in Wissen¬
schaft und Kunst sind nur unter dem Sonnenblick seiner Augen gediehen.
Nur kurze Zeit hat Kaiser Friedrich auf dem Throne seiner Väter ge¬
sessen, aber die Zeit reicht aus, uns erkennen zu lassen, was uns in ihm
genommen ist: ein Herrscher, der gereift war, wie in männlicher Schöne,
so in männlicher Tugend; der befehlen konnte, weil er gelernt hatte zu ge¬
horchen; in dem der Entschluß feststand, seinem Volke ein Bannerträger
der Freiheit und Gesittung, ein Hüter der großen Errungenschaften der
Reformation zu werden und es dem Ziele menschlicher Entwicklung, der
Bildung des Geistes, der Läuterung des Herzens, der Festigung des Charakters
näher und näher zu bringen; ein Herrscher, in dem sich Geistesadel mit
Herrscherwürde, Gefühlswärme mit Entschlossenheit, Wißbegierde mit Helden¬
tum zu schönem Einklang vereinte; ein echter Sohn der stolzen Mutter
Germania, die glücklicherweise mit den Waffen wie mit den Wissenschaften
geschmückt ist; kurz, ein Herrscher, von dem wir nach seinen bisherigen Taten
und nach den herzerquickenden Kundgebungen bei seiner Thronbesteigung
mit Sicherheit erwarten durften, daß er seine glänzende kriegerische Ver¬
gangenheit durch eine noch schönere friedliche Zukunft überstrahlen werde.