84 Die ersten städtischen Ansiedelungen in Deutschland. 
Übung empor, Speier verehrt den Frankenkönig Dagobert als Wiederher¬ 
steller, über die Königsburg in Worms hat die Sage ihr buntes Gewebe 
ausgebreitet, auch Straßburg im Lande der Alemannen erstand aus gänz¬ 
licher Zertrümmerung erst wieder als Burg der Frankenkönige. Ebenso 
war Regensburg längst schon zeitweilig der feste Lagerplatz durchwandern¬ 
der Stämme gewesen, ehe die Bayernherzöge dauernd ihren Sitz daselbst 
aufschlugen. 
Zwar ist nicht jede deutsche Stadt auf diese Weise entstanden, nicht 
einmal alle Römerstädte sind so zu neuem Leben erweckt worden, eins aber 
bleibt feststehende Thatsache, daß die Germanen durch ihre Heerkönige mit 
Dem städtischen Zusammenleben versöhnt worden sind. 
Um die Pfalz herum bildeten sich alsbald mehrere Ringe von Bewoh¬ 
nern. In der Halle und im Hofe hauste das königliche Gesinde, nicht krie¬ 
gerisches allein, sondern auch friedliches, dessen stetige Arbeit den Lagerplatz 
in eine bleibende Wohnstätte umschuf. Während die Burgmannen auf den 
Türmen und an den Thoren machten, die unmittelbaren Begleiter des 
Königs, seine Mannen und Knaben, mit ihrem Heere ans- und wieder ein- 
zogen und das Hausgesinde für die nächsten Bedürfnisse, für Küche, Keller 
und Kammer sorgte, verpflanzte das Hofgesinde: Ackerknechte, Mägde und 
Hirten unter ihren Aufsehern altdeutsches Bauernleben in die Ruinen der 
Römerstadt, denn von dem Königshofe aus wurden auch die weitläufigen 
Ländereien bewirtschaftet, die nach Kriegsrecht dem Könige durch das Los 
zugefallen waren. Zu den Pfalzbewohnern gehörten aber auch eine Menge 
leibeigener Handwerker: Schmiede, welche die Wirtschaftsgeräte des Gutes 
und die Waffen des königlichen Gefolges in gutem Stande erhielten, Leder¬ 
arbeiter, Pelzbereiter, Holzschnitzer und vor allem Weberinnen, die in be¬ 
sonderer Werkstätte die Kleidung der Hosleute fertigten. Dazu gesellten sich 
Gärtner, Fischer, Fährleute und wem sonst die allmählich fortschreitende 
Teilung der Arbeit zu einer besonderen Geschicklichkeit verhalf. 
Alle diese Psalzbewohner waren unfreie Leute und gehörten gleichsam 
Zur Familie des Königs. Sie aßen fein Brot, sie erhielten von ihm Ge¬ 
wand und Gerät, sie wohnten unter seinem Dache, oder wenn sie sich eine 
eigene Hütte bauten, so rückten sie dieselbe so nahe als möglich an den Hof 
ihres Herrn, denn auf anderem Grund und Boden als dem des Königs 
ihr Heimwesen zu gründen, war ihnen nicht gestattet. Von Lohn, von 
eigenem Verdienst konnte nicht die Rede fein, kaum von einer eigenen Wirt¬ 
schaft, denn was sie hatten, gehörte dem König, und was sie brauchten, er¬ 
hielten sie vom Hofe. Sie standen unter königlichem Schutze und wurden 
von ihrem Herrn bei Gericht vertreten, aber sie waren auch königlichen Auf¬ 
sehern untergeordnet und mußten sich gefallen lassen, daß diese eine hof¬ 
rechtliche Gewalt über sie ausübten. Ihr Herr konnte sie züchtigen, ge¬ 
fangen fetzen, ja verschenken oder verkaufen. Demungeachtet war diese Un¬ 
freiheit keine gleichmäßige und starre; sie milderte sich ab nach verschiedenen 
Graden bis zur völligen Freilassung. Schon früh gab es Leibeigene und
	        
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