Full text: Heimatskunde der Fürstentümer Schwarzburg

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ober Moos umkleidet. Nach dem 5 -6 Monate langen Winter ent- 
wickelt sich die Pflanzenwelt wie mit einem Zauberschlage. Doch 
beginnt die Ernte in den niederen Strichen oft über 14 Tage 
früher, als im Gebirge. 
Auf den höchsten Höhen gedeihen Kartoffeln von vorzüglicher 
Güte, Sommerkorn, Hafer, Flachs und etwas Kraut (Kohl); der 
Kirschbaum ist der einzige Obstbaum, der seine Früchte zur Reise bringt. 
Die häufig wachsenden Preißelbeeren („Mehlbeeren," „Hölperle") 
und Heidelbeeren („schwarze Beeren"), die massenhaft gesammelt 
und suderweise ausgeführt werden, geben einen geringen Ersatz für 
das fehlende Obst. An tieser gelegenen Orten läßt das Klima nach 
und nach den Bau aller einheimischen Getreidearten und Hülsenfrüchte 
zu; die milden Thalfluren liefern auch Gemüse, besonders bei Schwarza. 
Das bedeutendste Pflanzenprodukt liefert der Wald in den 2/? des 
Bodens bedeckenden Waldungen, besonders Nadelwaldungen; zwischen 
ihnen breiten sich, besonders im Bezirk Gehren, Gebirgswiesen („Wald¬ 
röder", „Geräumde") aus. Für „den Wald" kann wegen des Klimas 
der Ackerbau nur Nebengeschäft sein; nur aus den Hochflächen des 
Sormitzgebietes und im Gebiete der Rinne und Sorbitz treiben die 
meisten Dörfer bloß Ackerbau. In diefen Dörfern allein findet sich 
die Schafzucht; die Bewohner der Gebirge beschäftigen sich mit 
der Rind Viehzucht. Die vielen Kühe, welche der thüringer 
Waldrasse entstammen, sind trotz ihres kleinen, zarten Baues kräftige 
Zugtiere und liefern die wohlschmeckende Waldbutter, die weithin 
versandt wird. Noch bedeutender ist die Zahl der Ziegen, „des 
Melkviehes" der Armen. Kühe und Ziegen werden, so lange es das 
Wetter gestattet, aus die Weide getrieben. Das harmonische Schellen- 
geläute einer Kuhherde hat für ein musikalisches Ohr großen Reiz. 
Die reichen, früher unverwüstlich scheinenden Waldstrecken und 
die zwischen ihnen dahin rauschenden Waldbäche boten im 17. und 
18. Jahrhundert religiösen Flüchtlingen ans Salzburg, Böhmen 
und Schwaben die günstigsten Plätze zur Anlegung von Glas- 
sabriken, um welche Dörfer entstanden (Schmalenbuche, Alsbach, 
Altenfeld). Noch mehr Dörfer (Ölze, Geiersthal, Leibis, Quelitz, 
Scheibe) verdanken ihre Entstehung dem früher schwunghaft be- 
triebeneu Eisenhüttenwesen, das jetzt leider wegen der kost- 
spieligen Beschaffung der Steinkohlen ganz darnieder liegt. Die 
Porzellanindustrie hat einen raschen und bedeutenden Auf- 
schwang genommen. Zwei Glasmeister aus Alsbach, Gotthelf und 
Gottfried Greiner, und der aus Cursdorf gebürtige Candidat Mache- 
leid erfanden im vorigen Jahrhundert das thüringische Porzellan. 
Glaskünstler von Ruf, geschickte Barometer-, Thermometer- und 
Glasaugen-Verfertiger besitzt der Wald. Die Glasperlenfabrikation 
wird besonders in Neuhaus und Umgegend von jung und alt stark 
betrieben. — Die Holziudustrie ist sehr bedeutend. Da giebt's 
Muldenhauer (Breitenbach und Umgegend), Kisten- und Kastenmacher 
(Mellenbach, Meuselbach), Spielwarenversertiger, Streichholzfabri¬
	        
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