Full text: Jütting und Webers Anschauungsunterricht und Heimatkunde für das erste bis dritte (bezw. vierte) Schuljahr

*4. Zu den Kreisen des Ganzen müssen wir folgendes bemerken: 
Den ersten Anschauungskreis bilden Schule und Elternhaus, Räume, 
in denen das Rind sich täglich bewegt, Räume, in denen das Kind sich schon 
heimisch fühlt oder bald heimisch fühlen soll, Räume, in denen sich Dinge be- 
finden, welche auch während des Unterrichts vor die Zinne treten oder doch 
täglich vor den Zinnen stehen. Reiner Anschauungsunterricht, d. h. 
ein Unterricht, welcher sich vorzugsweise mit vorzeigbaren Einzeldingen zum 
Zwecke der Zinnen- und Sprachbildung beschäftigt, ist hier die obwaltende 
Disziplin- er wird selbständig betrieben, hat seinen Zweck in sich selbst und 
verrichtet nicht Frondienste bei dem Schreibleseunterrichte. Mindestens mutz 
er in der zweiten Hälfte des Schuljahres aus diesem Abhängigkeitsverhältnisse 
ganz heraustreten ^). 
Den zweiten Anschauungskreis bildet der Wohnort. Er erstreckt sich 
mit seinen mannigfaltigen und lehrreichen Objekten über das 2. und 3. Schul¬ 
jahr. Anschauungsunterricht und Heimatkunde berühren sich hier. 
Die innerhalb des Weichbildes liegenden Dinge werden, dem Laufe der 
Jahreszeiten folgend, besprochen, nachdem Kufforderungen zu selb- 
ständigen Beobachtungen und gemeinsame Spaziergänge voraus- 
gegangen sind- in vielen Fällen müssen die Objekte zur Schule in natura 
gebracht oder doch wenigstens in guten Abbildungen anschaubar ge- 
macht werden2). Tin kleines Schulmuseum, z. B. Pflanzenblätter, Früchte, 
Zähne und Pfoten von bekannteren Tieren, Steine und Metalle usw. würde 
oft auf sehr billige Weise hergestellt werden können und treffliche Dienste 
leisten, hat übrigens das erste Schuljahr seine Schuldigkeit getan, so wird das 
Anschauungsvermögen auch außerhalb der Schule in gesteigerter Weise tätig 
sein. Man wird zuweilen die Schüler nötigen müssen, Gegenstände oder Tr- 
scheinungen, die nicht der unmittelbaren Anschauung unterworfen werden 
können, sich im Geiste vorzustellen, indem man an frühere Anschauungen er- 
innert, hierbei wird zwar nur die Einbildungskraft in Tätigkeit gesetzt, 
aber man wird dies um so berechtigter tun können, je gründlicher man die 
wirklich unmittelbar zu betrachtenden Dinge zur Entwicklung der Beob- 
achtungsgabe benutzt hat. Überdies ist auch die Einbildungskraft im hohen 
Grade der Ausbildung und Pflege bedürftig. 
Den dritten Anschauungskreis bildet die Heimat. Heimatkunde ist 
daher die vorwaltende Disziplin des 4. Schuljahres,' der Anschauungsunter- 
*) Dieser letzte Satz entspricht nicht der Kuffassung des Bearbeiters, der jedes Ab- 
hängigkeitsverhältnis entschieden ablehnt; vergl. dazu „Moderner Knschauungsunter- 
richt". Leipzig, Klinkhardt. 
2) Auch hierzu vergl. die ausführlichen Darlegungen im „Modernen Knschauungs- 
Unterricht".
	        
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