Full text: Anschauungsunterricht und Heimatkunde für das 1. bis 3. (bezw. 4.) Schuljahr

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zarten Alter, in welchem sie mehr für die Umgebung leben als mit sich 
selbst, gerne mit Leiblichem und Lebendigem spielen und sich an allem, 
was ihnen vor Augen und Ohren und unter die Hände kommt, von Herzen 
erfreuen. Ls wäre darum auch geradezu grausam, wenn die Schule 
ihnen die wirklichen Dinge in der Welt mehr oder weniger entziehen und 
ihnen dafür Bilder, nichts als Bilder, oder — was noch schlimmer wäre 
— Worte, nichts als Worte, bieten wollte. Und wie oft ist das leider 
geschehen, daß man ihnen so statt des Brotes Steine gab, daß man in so 
geisttötender Arbeit den bethlehemitischen Rindermord in veränderter Form 
wiederholte! 
Das beste Ulittel, solche Gefahren abzuwenden, sind Wanderungen, 
welche der Lehrer das ganze Jahr hindurch anstellen soll. Am besten ist 
es, wenn er dabei jedesmal ein bestimmtes Ziel zu erreichen sucht: das 
eine Mal wird der Garten, das andere Ulal der Wohnort, falls 
er nicht zu groß ist, in allen Straßen durchwandert, größere Wohnorte 
können auch im Winter durchwandert werden — und was auf solchen 
Wanderungen im Garten und Wohnorte anzuschauen ist, deuten mehrere 
Lektionen genugsam an. Lin anderes Mal sei die Wiese oder -die 
Viehtrift, dann das Ackerfeld, der Fluß (Bach), der Teich, der 
Wald, der Berg (Hügel), der Jahrmarkt, die Tierbude, die 
Lifenbahn usw. das Ziel einer (—3ständigen Wanderung. Gelegentlich, 
besonders zu freundlicher Winterszeit, können außer der Lisfläche (und 
Schlittenbahn) auch Besuche bei den für die notwendigsten Bedürfnisse 
der Menschen arbeitenden Handwerkern gemacht werden; je einfacher 
es in den Werkstätten der Müller und Bäcker, der Schuster und 
Schneider, der Tischler und Zimmerleute, der Schmiede und Schlosser 
aussieht, desto besser. Auch ein Bauernhof, eine Baustätte, wie 
eine Brandstätte sind nicht zu versäumen; später kommen an die Reihe: 
Kirchen und andere öffentliche Gebäude und einfache Fabriken. Unsere 
Schaufenster bieten ja auch eine überaus große Fülle von Anschauungs¬ 
material dar; allein für die jüngeren Rinder ist diese Fülle und Mannig¬ 
faltigkeit leicht von erdrückender oder zerstreuender Wirkung. 
Überall steht das Naturleben mit dem Kulturleben im Zu¬ 
sammenhange, und die Schule hat ganz gewiß auch die Pflicht, die Rinder 
mit beiden so weit bekannt zu machen, daß sie später den Zusammenhang 
beider, wie die Organisation der menschlichen Gesellschaft (das 
Staatsleben in seinen größten und kleinsten Organen), ihren Grund¬ 
zügen nach erkennen und achten lernen. Ist es nicht von jeher 
unsere Losung gewesen, „für das Leben, nicht für die Schule" zu 
bilden? wohlan, hier und hier zuerst und am nachhaltigsten ist der 
Grund für eine gesunde Lebensbildung zu geben! — welch großen wert 
solche Wanderungen für die Gesundheitspflege und für die sittliche
	        
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