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Mit einem wohl gerüsteten Heere überfiel Karl 772 das Sachsenland
bis znr Weser und verwüstete es mit Fener und Schwert. Durch List eroberte
er die Feste Eresburg an der Diemel und zerstörte die Jrminsaule, das
größte Heiligtum der Sachsen. Sie stand wahrscheinlich im Eggegebirge und
war ein uralter, gewaltiger Baum, der nach dem Glauben der Sachsen das
ganze Weltall trug. Am Fuße desselben quoll ein heiliger Brunnen; rings
um ihn war viel goldenes und silbernes Gerät, die Kriegsbeute früherer Streif-
züge, aufgehäuft. Karl trieb die Sachsen bis zur Weser zurück. Sie mußten
zwölf Geiseln, Kinder der vornehmsten Sachsen, als Unterpfand der Treue
stellen, Unterwerfung geloben und das Christentum annehmen. Dabei verfuhr
er mit grausamer Strenge. Er trieb Tausende in den Fluß und ließ ihnen
nur die Wahl, entweder dort zu sterben oder sich taufen zu lassen.
Die fränkischen Priester und die von Karl auferlegten Steuern waren
aber den Sachsen ein Greuel. Unter der Führung ihres Herzogs Widukind
empörten sie sich, drangen mit Feuer und Schwert in fränkisches Gebiet und
zerstörten die von Bonifatius erbaute Kirche zu Fritzlar. Rasch eilte Karl
aus Italien, wo er sich gerade aufhielt, herbei und warf den Ausstand nieder.
Die Sachsen gelobten auss neue Treue, und Widukind floh zum Dänenkönige.
Das wiederholte sich noch mehrmals. So oft Karl den Rücken wandte, er¬
hoben sich die Sachsen; kehrte er jedoch mit Heeresmacht zurück, so unter¬
warfen sie sich. Auch auf dem Reichstage zu Paderborn 777, -auf dem
Karl durch Milde und Freundlichkeit die Sachsen zu gewinnen suchte, gelobten
sie Unterwerfung und Treue. Fränkische Geistliche trieben nun mit Härte
Steuern und Abgaben ein und forderten die Fronarbeiten zum Bau von
Kirchen und Zwingburgen. Ms 782 ein fränkisches Heer gegen die räuberischen
Sorben östlich von der Saale zog, sollten auch die Sachsen in diesem Kampfe
Hilfe leisten.* Da empörten sie sich von neuem, erschlugen alle fränkischen
Priester und Steuereinnehmer, zerstörten die Kirchen, brachen die Zwingburgen,
schlugen das ihnen entgegengesandte Frankenheer am Berge Süntel und ver¬
nichteten es fast völlig, so daß der Zug gegen die Sorben unterbleiben mußte.
Jetzt war Karls Geduld zu Ende. Rasch rüstete er ein Heer und brach
zum Rachezuge nach Sachsen auf. Am Süntel angekommen, ließ er mit Grau¬
samkeit alles verheeren, was feinen Waffen nicht zu widerstehen vermochte.
Auf der weiten Ebene von Verden hielt er Gericht. In feinem Zorne ließ
er 4500 der edelsten und vornehmsten Sachsen an einem Tage enthaupten.
Dann zog er wieder zurück in sein Land, wobei er noch eine größere Anzahl
Gefangene mit sich führte, die er in verschiedenen Teilen des Frankenreiches
ansiedelte.
Die Kunde von diesem Blutgerichte verursachte in ganz Sachsenland
Schrecken und Entsetzen, zugleich aber auch die äußerste Wut und Verzweiflung.
Widukind kehrte wieder aus Dänemark zurück; feine Sendboten gingen durch
ganz Sachsenland; in jedem Dorfe, in jedem Gehöfte schürten sie die Flammen
der Empörung. Ein Gefühl durchzuckte aller Herzen: Rache zu nehmen. Auch
Karl erschien mit einem gewaltigen Heere und verwüstete die sächsischen Lande.
Bei dem heutigen Detmold und später an der Hase kam es 783 zu blutigen
Entscheidungsschlachten. Trotz der größten Tapferkeit wurden die Sachsen völlig
geschlagen. Damit war der Widerstand des Volkes gebrochen; es gelobte
Unterwerfung und Treue.