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Häusern standen leer. Die Grafschaft Ruppin in der Mark Branden¬
burg, die über 6 Meilen lang und 5 Meilen breit ist, hatte nicht mehr
als 4 bewohnte Dörfer. Im Braunschweigischen waren schon 1626
über 300 Städte, Dörfer, Vorwerke niedergebrannt. Noch jetzt nach
200 Jahren haben sich mehre Städte Deutschlands nicht wieder zu
der Volkszahl, dem Reichthum und Ansehen erhoben, wodurch sie vor
jenem unglücklichen Kriege blüheten.
59.
Heinrich IY.
Einer der besten Könige der letzten Jahrhunderte ist Heinrich IV.
von Frankreich. Er regierte von 1489 bis 1610; und noch jetzt, nach
200 Jahren, und nach den mannichfaltigsten Schicksalen und Verände¬
rungen in Denkart und Staatsverfafsung, nennt die französische Nation
seinen Namen mit Liebe. Eine treffliche Erziehung hatte ihn gebildet;
sein Körper war abgehärtet; sein Geist hatte nützliche Kenntnisse ge¬
sammelt und war aufgeweckt und lebhaft; seinem Herzen war reine
Gottesfurcht und Liebe zu den Menschen eingeprägt. „Es ist besser
mit Ruhm zu sterben, als mit Unrecht zu siegen; ein Fürst herrscht
zwar mit großer Macht über Völker und Länder, aber Gott behält
doch die Oberhand über ihn": waren Sittensprüche seiner Jugend, die
er in treuem Gedächtniß erhielt und nicht unbefolgt ließ. — Er wurde
als Prinz von Bearn (an den Pyrenäen) in der reformirten Religion
erzogen, die dem katholischen Königshofe zu Paris ein Gräuel war;
man verfolgte die nichtkatholischen Unterthanen, welche man in Frank¬
reich die Hugenotten nannte, mit Feuer und Schwerdt; und schon
waren mehrere blutige Kriege geführt worden, sie ganz auszurotten.
Was der Gewalt nicht gelingen wollte, sollte die List vollbringen. Man
stellte sich freundlich gegen die Hugenotten, gab ihnen freie Religions¬
übung, überließ ihnen Festungen, sich gegen etwanige Angriffe verthei¬
digen zu können, und der resormirte Prinz Heinrich von Bearn sollte
die katholische Schwester des König Karls IX. heirathen. Die Ver-
1572 mählung geschah den 18. August 1472. Die vornehmsten Hugenotten
waren nach Paris gekommen, dieses Fest zu feiern, und lebten dort in
sorgenloser Sicherheit. In der Nacht aber vom 24. auf den 24. Au¬
gust ward vom Schloßthurm ein Zeichen mit der Glocke gegeben, und
alle Hugenotten in Paris wurden aufs Grausamste gemordet. Hein¬
rich rettete sein Leben nur dadurch, daß er in die katholische Kirche
ging, als wollte er ein Katholik werden. Allein er täuschte die Un¬
menschen und blieb der reformirten Religion treu. Man nennt diese
Gräuelthat der Bartholomäusnacht die Pariser Bluthochzeit; das
Parlament verordnete, den Lag als ein allgemeines Volksfest zu feiern;
der Pabst ließ zu Rom die Kanonen lösen und Gott für den glücklichen
Erfolg dieser Verrätherei öffentlich danken.
Heinrich nahm sich dagegen eifrig seiner Glaubensgenossen an und
vertheidigte ihre Rechte, wenn es nicht anders ging, mit bewaffneter
Hand. Da aber der größte Theil der Franzosen katholisch war, machte