Full text: Die deutschen Kolonien, ein Teil des deutschen Vaterlandes

Uorrvort. 
Der fast vierjährige Kampf in Südwestafrika, die großartigen 
Leistungen der deutschen Offiziere und Soldaten im Gefecht, sowie 
in Überwindung vou Strapazen und Entbehrungen hat bei den 60 
Millionen Deutschen im Reich und auch bei vieleu Tausenden von 
Deutschen, die außerhalb des Reiches lebeu, eiu warmes Interesse 
für die Verhältnisse in unseren Kolonien geschaffen. Tie großen 
Opfer an Menschenleben und materiellen Güteru haben die kolonialen 
Fragen zu nationalen werden lassen; es gibt kaum einen frischen 
Knaben in Deutschland, welcher nicht davon hören, darüber lesen 
möchte. Tie aus Südwest zurückgekehrten Soldaten haben das 
Interesse für die Kolonien bis in das letzte Dorf des Reiches getragen. 
Tie langen Friedensjahre seit 1871 geigten keinen Rückgang in 
der Leistung des deutschen Kriegers, sie haben aber durch die ernsten 
Kämpfe der' Jahre 1903—1906 eine heilsame Unterbrechung ge¬ 
funden. Die materiellen Anschauungen mit Sucht nach Wohlleben 
treten wieder mehr zurück. Opfermut, Ausdauer und frohe Kriegs- 
stimmuug sind wieder in ihre Rechte eingerückt. Der alte deutsche 
Unternehmungsgeist, wie er in der Völkerwanderung, in den Römer- 
zügen, in den Kreuzzügeu, iu der Hansa, in dem Vorschreiten von 
der Elbe nach Osten hervortrat, ist wieder erstanden und hat Tausende 
von Freiwilligen aufgerufen, er hat sie entgegengeführt dem Unbe- 
kannten, den Kriegsstrapazen, dem Tode und beut endlichen Er¬ 
folge. Das neu gestärkte deutsche Selbstbewußtsein danken wir den 
2000 deutschen Kriegern, die im afrikanischen Sande begraben sind. 
Südwestafrika, die am wenigsten wertvolle Kolonie, wurde die 
Veranlassung zu einer neuen Volksstimmung, welche auch die bis- 
herigen Geguer der kolonialen Bestrebungen mit ihrem Pulsschlage 
berührte. Wir nähern uns mehr und mehr dem Standpunkte, den 
Bismarck in seiner Reichstagsrede vom 2. März 1885 als notwendig 
bezeichnete, daß „eine Kolonialpolitik nur dann möglich ist, wenn sie 
von einer Mehrheit des nationalen Willens mit Entschlossenheit 
und Überlegenheit getragen wird."
	        
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