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Beerenlese. Abends harrt ihrer am Rande des Waldes schon der Aufkäufer,
dem sie ihre Ware überlassen. Den Gesamtertrag der Beerenernte schätzt man
ans 50—100 000 Mk.
5. Schon oben erfuhren wir, daß die Heide ausgedehnte Torflager auf-
weist. Dieselben werden ausgenutzt, so daß viele Bewohner ihr Auskommen
als Torfgräber finden.
6. Immer größer wird auch die Zahl derjenigen, die durch Arbeiten
im Walde ihr Brot verdienen. Es werden nämlich immer größere Flächen
aufgeforstet, um auf diese Weise dem Heideboden reicheren Ertrag abzugewinnen.^)
(4. Gröfsere Ortschaften hat die Heide selbst nicht. Die
Stadt von G «n ihrem Nordrand {an einem Nebenflufs der Elbe ist Lüne¬
burg, die ebenso grofse an ihrer südlichen Grenze, an der Aller, das schon
genannte Celle.
(Die Geest.) 2) Unter Geest verstehen wir hier das ganze Westdeutschland
(Hannover und Oldenburg), soweit es nicht der Heide und der Marsch (und
dem westlichen Moorgebiet) angehört. Sie ist fruchtbarer uud freundlicher
als die Heide. Sie hat zwar gleich der letzteren auch weite Sandflächen,
ermangelt aber auch der Lehm- und Mergelböden nicht. Ackerflächen sind
infolgedessen doch nicht, wie in der Heide, eine Seltenheit, und außer Buch-
weizen baut man in den Ackerbaugebieten sowohl Roggen als auch Haser und
Gerste, vereinzelt sogar Weizen, z. B. an der Weser. Das Gebiet ans beiden
Seiten der Weser von Minden bis Bremen hinab ist überhaupt das beste Stück
der Geest. Und wie in der Bodenkultur, so bietet die Geest auch landschaftlich
mehr Abwechselung als die Heide. Sie ist hügeliger, hat auch mehr Wälder,
und iu nicht übermäßigen Entfernungen trifft der Wanderer immer wieder auf
freundliche Dörfer mit meist weißgetünchten Häusern. Hin und wieder grnp-
Pieren sich Sandhügel uud Kiefernwald so glücklich um ein grünes Wiesenthal
mit schmuckem Dörscheu, daß ein wirklich schönes Gesamtbild entsteht. Das mit
diesen kurzen Worten gekennzeichnete Gebiet ist ca. I^mal so groß als das
Königreich Sachsen (S. — 15 000 qkm).3) Der Umstand, daß diese kurze Dar-
stellung für ein so großes Gebiet ausreichend ist, beweist allein zur Geuüge die
große Einförmigkeit desselben.
*) Einst war wahrscheinlich die ganze Heide ein großer Wald. (Der Name Heide
bezeichnete ursprünglich auch wohl nicht eine Steppe, sondern eine Kiefern- [?] Waldung,
z. B. Dresdener Heide.) Ein kurzsichtiges Geschlecht rodete jedoch die Wälder zum größten
Teil aus, — u. a. wurde noch in der Zeit der Franzosenherrschaft gewaltig ausgeräumt,
— uud schuf so die ausgedehnten, fast nutzlosen Flächen. (Nachteil der Entwaldung!)
Ein Hektar Waldland wird in der Heide immerhin mit 12 Mk., eiu Hektar Heidfläche nur
mit 2—3 Mk. „bonitiert". (Zum Vergleich: der Marschboden mit 50-—60 Mk.)
2) Man muß unterscheiden Geest im weiteren und im engeren Sinne. Im
weiteren Sinne umfaßt sie auch die Heidflächen mit, im engeren Sinne bezeichnet man
damit die Gebiete, die nicht Marsch, aber auch nicht wertlose Heide sind. Im ersteren
Sinne gebraucht der Marschbewohner das Wort, der alles, was es außer seiner frncht-
baren Marsch noch giebt, Geest nennt; danach ist die Heide die vollendetste Geest. Im
engeren Sinne gebraucht der Heidbewohner das Wort. Für ihu ist es der Begriff des
besseren, ringsum feine höhere Heide gelegenen niederen Landes; seine Heide ist — leider
•— keine Geest. Wir wollen das Wort ebenfalls in letzterem Sinne nehmen, so daß
wir in Westdeutschland vier Bodencharaktere unterscheiden: Marsch, Moor, Geest uud Heide.
3) Hannover hat 38 000 qkm, davon abgezählt für das südliche Berg- und Hügel-
land 6 000, für die Lüneburger Heide 11 000 und für die westlichen Moorgebiete 4 000
bleibt 17 000, dazu die Geestgebiete Oldenburgs mit etwa 5 000 macht 22 000 qkm
Geest für das ganze Westdeutschland.