Full text: Karl August Engelhardt's Vaterlandskunde für Schule und Haus im Königreiche Sachsen

162 Kreishauptmannschaft Zwickau. 
der Elster, der Zwickauer Mulde und des Schwarzwassers, der 
Flöha, besonders aber der Zschopau uud ihrer Quellflüsse, wo 
aumuthige Thalgehünge mit schroff abstürzenden Felswänden, das 
dunkle Grün des Nadelholzes mit der bunten Färbung der Laub- 
bäume wechseln und krystallklare Wellen, von dem blumenreichen 
Teppich saftiger Wiesen eingefaßt, dahinschänmen. 
Nur die Ufer der Pleiße von Werdan abwärts, die Thäler 
der westlichen Mulde von Zwickau und der Zschopau von der 
Flöhamündung an sinken unter 140m Meereshöhe, alles Uebrige 
ist Hochland; seiner Erhebung nach zerfällt dasselbe in das obere 
Gebirge und in das niedere. Jenes, zu welchem alle Gegenden 
gehören, die höher als 425 m liegen, erstreckt sich von Böhmen 
herüber etwa bis Falkenstein, Schneeberg, Schwarzenberg, Zwönitz, 
Thum, Wolkenstein und Lengefeld, und hat in Folge seiner hohen 
Lage auch das rauheste Klima; das Sächsische Sibirien, wie 
man den Gebirgskamm von Carlsfeld und Eibenstock bis Jöhstadt 
nennt, ist der uuwirthbarste Theil des ganzen Landes. Erdstö ße, 
obschon selten und unbedeutend in unserem Lande, machen sich doch 
im höheren Erzgebirge und Vogtlande allemal am heftigsten fühlbar. 
So stürzten dadurch z. B. 1552 in Wolkenstein Häuser zusammen 
und im Januar 1824 bemerkte man an mehreren Orten Erdstöße, 
fast drei Wochen lang, oft viermal des Tags, so stark, daß hie 
und da Glocken anschlugen, Oefeu einfielen und arbeitende Knappen 
aus den Gruben flüchteten. 
Der Westen des Bezirks gehört zu dem Gebiete der Weißen 
Elster, die Mitte zu dem der Zwickauer Mulde, der Osten 
durch die Zschopau mit der Flöha und durch die linken Zuflüsse 
der großen Striegis zu dem der Freiberg er Mulde. Der 
größte Teich ist der Filzt eich bei Schneeberg. 
Zwar decken noch immer mächtige Waldungen große Strecken 
des oberen Gebirges, so daß sie von ihrem Ueberflnß an Holz 
den niederen Gegenden abgeben können; doch sind im Verlaufe 
der letzten Jahrzehnte viele Privatwaldungen mehr als gut ist 
gelichtet und Strecken, die man auf anderen Gebirgen gern dem 
Walde überläßt, in Fluren verwandelt worden, wogegen der Staat 
seinen Waldbestand nicht nur unvermindert erhält, sondern sogar 
durch Ankäufe zu vergrößern sucht, um das Gebirge vor Ent- 
waldung, das ganze Land vor Holz- und Wassermangel zu be- 
wahren. Schmackhafte Pilze, Wurzeln und medicinische Kräuter, 
vor allem aber eine Fülle der würzigsten Beeren gedeihen auf 
dem Waldboden und Hunderte von Menschen kommen Tagereisen 
weit her, um diese zu lesen. Heidelbeeren werden, wo sie am 
üppigsten stehen, nicht gepflückt, sondern mit Holzkämmen abge- 
kämmt und, gleich den Preißelsbeeren, in großen, kastenartigen 
Wagen in das Niederland verfahren. Noch im 17. Jahrhundert 
gingen Waldarbeiter und Beerensammler nie an ihr Tagewerk 
ohne Glocken oder Hörner, Bären und Wölse damit zu ver-
	        
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