370
Amerika.
verschwinden die unruhigen Bewegungen der Tierwelt, welche nun, stille
werdend, sich der nächtlichen Nnhe überläßt. In stiller Kühle aber steigt
ruhig und mild der silberweiße Mond über den dunkeln Wald hervor. Es
kommt die Nacht; iu Schlaf sinkt die Natur. Demut und Vertrauen aber
ergießt sich in das Herz der Menschen, die göttlichste Gabe nach einem
Tage des Schauens nnd des Genießens. Nach v. Martins.
10. Rio Janeiro.
1. Die Lage. 2. Die Bauart. 3. Der Handelsverkehr.
1) Rio Janeiro, meist kurzweg Rio geuaunt, liegt am Eingange
einer in nördlicher Richtung 30 Kilometer weit ins Land einschneidenden
Meeresbucht. Steil heraustretende Felsmassen schließen diese Bucht bis
ans etwa 500» Schritte; zahlreiche klippige Inseln überdecken die innere
Bucht. Diese bildet einen der geräumigsten und sichersten Häfen der Welt,
und ist wegen der umschließenden waldigen Berghänge an landschaftlicher
Schönheit dem Hafen von Konstantinopel oder dem Golfe von Neapel eben-
bürtig. — 2) Rio liegt an der Westseite der schmalen Meergasse. Es
überdeckt den nordöstlichen Teil einer unregelmäßig viereckigen Erdzunge,
welche gegen Süden mit dem Festlande zusammenhängt. Am Saume der
Bai hat sich die Stadt in eine Anzahl von Vorstädten erweitert. Das
Stadtbild, vom Hafen aus gesehen, ist ein imposantes. Mehrere hervor-
tretende Hügel im Häusermeere sind mit Massenbauten überdeckt, mit
Klöstern oder Kirchen; die Vorstädte sind lichter gebaut mit freundlichen
Häusern. Aber ein Gang durch das Junere erinnert an die alten Stadt-
teile Lissabons: enge, schlechtgepflasterte Straßen, die Häuser ohne architekto-
nischen Schmuck, die Kirchen unbedeutend, selbst der kaiserliche Palast eine
verbaute Häusermasse. Die wenigen öffentlichen Gebäude von Bedeutung,
der Senatspalast, das Nationalmuseum, das Stadthaus, umgeben den
großen Campo de Honro (Ehrenfeld). Das großartigste öffentliche Bau-
werk ist die über zwei übereinander gebauten Säulenarkaden von 6000 Meter
Länge geführte Wasserleitung, die das aus den bewaldeten Bergen des
Hinterlandes herabgeleitete Trinkwasser zu den Häuseru der Stadt führt.
— 3) Rio trägt überhaupt weniger den Charakter einer Residenz-, als
den einer Handelsstadt. Durch sie flutet der größte Teil der Aus- und
Einfuhr des Landes: Manufakturwaren, Fleisch - und Mehlprodukte, Salz,
Steinkohle :e. werden hier gegen Kaffee, Zucker, Diamanten:c. umgetauscht.
Der eigentliche Großhandel ist meist in den Händen fremder Kaufherren;
aber das Gewühl von Negern und anderen farbigen Arbeitern, das der
Verkehr um den Hafen konzentriert, findet nur in wenigen anderen Hafen-
Plätzen seines gleichen. Nach Verschiedenen.
11. Valparaiso.
1. Die Stadt und ihre Umgegend. 2. Der deutsche Bestandteil der Bevölkerung.
1) Valparaiso soll, seinem Namen nach, in einem paradisisch schönen
Thale liegen. Aber die früheren Bewohner jener Gegend haben sich an
ihren Nachkommen dadurch schwer versündigt, daß sie auf den Abhängen
des nahen Gebirges den Urwald durch Feuer vernichteten, ohne für die
Wiederbewaldung der kahlen Höhen Sorge zu tragen. Deshalb haben die
tropischen Regengüsse nach und nach das fruchtbare Erdreich von den steilen