Full text: Kurze Landeskunde von Palästina

26 rV- "Kapitel: II. Das Bergland westlich des Jordan 
aufsaugende Kalkboden läßt an den Stellen, die die Bildung 
einer Bodenkrume gestatteten, eine kurze, blütenschöne Flora von 
rotglühenden Anemonen, gelben Kamillen und weißem Ginster 
aufkommen, die aber bald wieder der unerträglichen, den Fels- 
boden zum Zerspringen bringenden Sonnenglut weichen muß. 
Das so durch den Wechsel von Sonnenhitze und jäher nächtlicher 
Abkühlung erzeugte, aus Gesteinsbrocken und Staub bestehende 
Verwitterungsmaterial wird von häufigen, rasenden Sturm- 
winden in vielen hundert Meter hohen Staubsäulen davon- 
geführt, so daß der größte Teil des Bodens immer wieder rein- 
und kahlgefegt wird. Gleich anderen Wüsten der Lrde besitzt 
auch die Wüste Iuda einige Gasen, die im Altertum dank sorg- 
fältiger Bewässerung nicht unbedeutende Kulturen aufweisen 
konnten. 
Die im Verhältnis weniger steile, in das Unterland der 
Sephela übergehende westliche Abdachung des judäischen Hoch- 
landes zeigt dagegen wegen ihrer klimatisch viel günstigeren 
Lage bei sonst dem Gsthang ganz gleichem Aufbau ein freund- 
licheres Aussehen. Hier fehlt es infolge genügender Nieder- 
schläge nicht an zahlreichen, das ganze Jahr wasserführenden 
Bächen, die zum Teil, besonders am Fuße des Gebirges, lieb- 
liche Gründe mit reicher Vegetation bilden, wie den Lichgrund 
unterhalb Socho, der noch heute prächtige Terebinthenstämme x) 
besitzt. Diese besseren Wasser- und Bodenverhältnisse haben 
mancherlei Siedelungen entstehen lassen, die dem Gsthang mit 
Ausnahme der wenigen, zeitweise bewohnten Oasen gänzlich 
fehlen. Wir erinnern an Regila, Socho, Ajalon, Modin, Art- 
mathäa und andere mehr. Die wichtigsten und in der Geschichte 
Palästinas einflußreichsten Orte finden sich jedoch auf der Hoch- 
fläche. Da ist an erster Stelle Jerusalem (790 Meter Meeres¬ 
höhe) zu nennen, das hier in natürlicher Schutzlage infolge der 
schroffen Taleinschnitte des Hinnomtales im Westen und Süden 
und des Ridrontales im Osten gelegen ist. Ls ist nicht nur 
strategisch wegen seiner für die Hilfsmittel des Altertums nahezu 
uneinnehmbaren Lage einer der wichtigsten Punkte des Landes, 
sondern auch ein hervorragender Verkehrsmittelpunkt für die 
Handelsstraßen von der südlichen Mittelmeerküste nach dem 
Osten und von Arabien nach den nördlichen Landesteilen. Mit 
klarent Blick hatte dies David erkannt, als er den Iebusitern 
ihre alte Hauptstadt entriß, um hier an Stelle von Hebron den 
Thron des israelitischen Königtums aufzurichten. Dabei wußte 
*) Die Terebinthe ist ein äußerlich der Eiche gleichender, aber sonst von 
ihr ganz verschiedener Baum mit gefiederten Blättern und traubigen Blüten. 
Sie kommt in Anzahl strauchartig aber auch einzelstehend vor und entwickelt 
sich dann zu einem Baum von ansehnlicher Größe, der vielfach schon seit den 
Tagen des israelitischen Altertums Verehrung als heiliger Baum genießt.
	        
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