Das Engadin. 41
Häusern fallen Freitreppen, Altane und künstliche Eisengeländer vorteilhaft ins
Auge; schöne Landstraßen verbinden die Ortschaften; hübsche Wagen rollen auf
diesen einher, und allenthalben begegnen wir den deutlichen Spuren eines
rüstigen, intelligenten Volkes, das einen der drei in Graubünden heimischen
romanischen Dialekte spricht und sich zu der protestantischen Religion bekennt.
St. Moritz im Engadin.
Poutresiua, das sich aus angenehmem Wege in kurzer Zeit von St. Moritz
aus erreichen läßt, bildet den eigentlichen Touristenstandort des Oberengadin,
von dem aus die Bergbesteigungen und Gletscherpartien unternommen zu werden
pflegen. — Da, wo sich zur Scaletta hin quer durch den Inn ein Sattel
entgegenstellt, beginnt der Fluß in einer wilden, langgestreckten Felsenschlucht
zu fließen, die von einer hohen Brücke überspannt wird. Hier folgt ein ganz
neuer Charakter des Hochthales. Statt der grünen Seeen und saftigen Wiesen-
gründe, der freundlichen Ortschaften und belebten Landstraßen folgen hier enge
schluchtartige Thäler sowie wilde, unwirtliche Tobel, welche nach beiden Seiten
hin die Gebirge durchbrechen, und die Ortschaften, welche hier nur iu größeren
Zwischenräumen aufeinander folgen, haften burgartig auf deu Bergvorsprüngen
und machen gleichfalls im ganzen einen behäbigen Eindruck. Denn feit alter
Zeit weiß die männliche Bevölkerung Engadins in allen Ländern der Welt
Wohlstand zu erwerben, den sie dann hier in Ruhe genießt. Der Hauptort
des Oberengadins ist Samaden, ein städtisch gebauter, sauberer Flecken von
800 Einwohnern, welcher ausgedehnte Bade- und Kureinrichtungen besitzt.