Full text: Landschaftliche Charakterbilder der hervorragendsten Gegenden der Erde

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Aus Deutschland. 
In dem Neckarthale selbst, dessen wunderbar lieblichen Charakter wir oben 
im allgemeinen geschildert haben, bietet sich fast ans Schritt und Tritt ein Bild, 
das uns zum Verweilen einladet. Von allen diesen glänzenden Puukteu wolleu 
wir nur Heidelberg noch einer kurzen Betrachtung würdigen. Es ist nicht 
die Stadt, welche uns hier besonders fesselt, sondern das Schloß und die Um- 
gegend. Das erstere erhebt sich 94 in über dem Neckar ans einem Vorsprnnge 
des 526 m hohen Geisberges. Den Grund zu demselben legte schon Ludwig 
der Strenge, der Schwiegersohn Rudolss von Habsburg. 
Der älteste Teil ist der sogenannte „ alte" oder „Rudolfsbau", an welchen 
sich die „alte Kapelle" und das „Landhaus" schließt, welches in der zweiten 
Halste des 14. Jahrhunderts erbaut ist und noch jetzt sich in ziemlich gutem Zu- 
stände befindet. In derNähe liegt der „ Ruprechtsbau", welchenKaiserRuprecht 
(1400—1410) errichtete, und ans der andern Seite der „Friedrichsbau", der 
von dem Kurfürsten Friedrich IV. im Renaissancestil hergestellt worden ist und 
jetzt eine Altertumssammlung birgt. Hier wird man auch zu dem Ansbewah- 
rnngsranm des berühmten „Heidelberger Fasses" und auf den „großen 
Altan" geführt, von welchem her sich ein wonniger Blick auf Stadt und Thal 
anfthut. Weiter folgt der unansehnliche „neue Hof Friedrichs II." und hinter 
diesem der achteckige Turm, welcher 1764 durch den Blitz zerstört wurde, als 
Kurfürst Karl Theodor ernstlich daran dachte den herrlichen Ban zu restaurieren. 
Der schönste Teil ist aber der noch in den Ruinen prachtvolle „Otto-Heiu- 
richs-Bau", von 1556 —1559 in edelster Früh-Renaissanee ausgeführt und 
von üppigen Epheuranken überspannen. Neben diesem Teile befindet sich der 
noch bewohnte „Ludwigsbau" und vor demselben der Schloßbrunnen mit 
4 Granitsaulen von dem Palaste Karls des Großen in Ingelheim. — Nachdem 
der 39jährige Krieg dem herrlichen Residenzschlosse arge Verwüstungen gebracht 
und der weise Kurfürst Karl Ludwig (1659—1689) dasselbe wieder hergestellt 
hatte, brachten die Raubkriege Ludwigs XIV., besonders der pfälzische Erbfolge- 
krieg, entsetzliche Zeiten, in denen auch das Schloß gegen jede Übereinkunft ge- 
sprengt wurde. Die Ruine ist wohl die großartigste und schönste nnsres Vater- 
landes. Mit ihren Zinnen, Türmen, Erkern, Altanen, mit ihren hohen Thoren 
und Standbildern, mit ihren Hösen und Brunnen, ihren Gebüschen und Baum- 
grnppen ist sie die Alhambra der Deutschen, nicht allein durch ihre bauliche Pracht 
und malerische Lage, sondern auch durch die Fülle geschichtlicher Erinnerungen, 
welche an ihren epheuumrankten Trümmern hasten (Bädeker). Jedes edle Gemüt 
wird an dieser Stätte poetisch angehaucht werden, doch es ist ein Wehmntshanch, 
der uns gesangen nimmt. Mit Recht singt Max von Schenkendors: 
Vom Schlosse gelangt man auswärts zu der Gartenwirtschaft „Molkenkur", 
in deren Nähe die älteste Burg gestanden hat; noch weiter auswärts zu dem 
„Köuigsstuhl" (526 m hoch), von dessen 27 m hohem Turme sich eine herrliche 
Aussicht erschließt. Köstlich ist auch der Blick vou der sast 199 in langen und 
19m breiten Neckarbrücke, welche Kurfürst Karl Theodor 1786 erbaut hat. 
„Es zieht ein leises Klagen 
Um dieses Hügels Rand, 
Das klingt wie alte Sagen 
Vom lieben deutschen Land."
	        
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