§16 II. Teil: Vorderasien. 24
„Photogr. Atelier Schaul, Haniburg".
Abb. 1, § 16. Am Jordan.
Der länglichrunde See Genezareth, annähernd so groß wie die Insel Fehmarn (171 gegen
185 qkm), ist ein besonders lieblicher Gebirgssee, den ein Kranz schön geformter Bergwände
und Hügel umgibt. In der trocknen Jahreszeit sind sie zwar, weil baumlos, uackt und öde, aber
im Frühjahr erglänzen sie ringsum in saftigem Grün. Das schwach salzige Wasser ist auffällig
klar und sehr fischreich. Zur Zeit Jesu waren die Uferterrassen nnd die schmale Uferebene vor-
trefflich angebaut, und volkreiche Dörfer, wie Kapernanm, Tiberias, Magdala, umkränzten den
von Schiffen belebten heiteren See. Die meisten Apostel wohnten hier als Fischer, und Jesus
selbst weilte oft und gern in diesem kleinen Paradies. Hente liegen die vielgenannten bibli-
schen Stätten in Trümmern.
Das abflußlose Tote Meer, fast doppelt so groß wie der Bodensee (920 qkm), liegt
mit seinem Spiegel rund 490 m (394 m) unter dem Meeresspiegel uud ist in seiner tiefsten
Stelle weitere 400 in tief. Das klare, tiefblaue Wasser ist mit Salzen völlig gesättigt (25%)
(die starke Verdunstung in dem Glutkessel!), so daß das Untertauchen in ihm schwer, das Er-
trinken unmöglich ist. „Die vom Jordan hineingetriebenen Fische steigen sofort zappelnd
und sterbend zur Oberfläche aus, uud jedes hineingeschwemmte Stück Treibholz wird mit einer
Salzkruste überzogen; alles ringsum ist steinig, starr, leblos, ein Bild des Todes." (Buch-
holz.) Eigentümlich sind dem See Asphaltklnmpen, die auf seiner Oberfläche schwimmen,
namentlich uach Erdbeben und heftigen Stürmend 1914 bildete sich eine große Gesellschaft
(7 Million M. Grundkapital), die die reichen Mineralschätze an den Ufern des Sees ausbeuten
will (Asphalt, Schwefel, Erdöl, Salz, Phosphate, ferner Marmor und Porphyr und wahr-
scheinlich auch Steinkohlen). — Das südliche Becken unterscheidet sich von dem übrigen See
durch auffällige Flachheit. Es ist nirgends über 4 m tief und dürfte vielleicht die Stätte Sodoms
und Gomorras (das Tal Siddim) sein. Der Untergang dieser Städte durch „Feuer und
Schwefel" wäre sehr wohl als durch ein Erdbeben herbeigeführt zu denken, bei dem sich
1 Sie stammen nach einigen aus einer Asphaltschicht unter dein Sand des Grundes, nach
andern sind sie nesterartig (als sog. Breccien) dem Kreidefels eingebettet.