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Die Insel Neuwerk war bei stürmischem Wetter stets eine
Ursache großer Besorgnis für die Kapitäne und Mannschaften
der Segelschiffe; sie ist auch den Dampfern nicht ungefährlich.
Sogar die erfahrensten Lotsen haben zuweilen eine Strandung
dort nicht zu verhindern vermocht. So erging es dem Lotsen
Peter Bull aus Cuxhaven. Er lotste bei einbrechender Nacht,
in Sturm und Nebel den Dreimaster des Schiffers Franzen in
die Elbmündung hinein, kam zn nahe an Neuwerk herau, und
ehe er dem Schiffe einen anderen Lauf geben konnte, wurde es
von einer gewaltigen Welle auf eine Sandbank geworfen und
saß fest. Da werden die Matrosen wütend; sie schreien: „Der
Lotse ist betrunken und trägt die Schuld an unferm Untergange".
Mehrere ziehen die Messer und dringen auf den Lotsen ein.
Jetzt springt der Kapitän dazwischen. „Halt, Leute", schreit er,
„keiner rührt mir den Lotsen an; denn er ist so nüchtern, wie
irgend einer von uns; er kann sich geirrt haben, und Irrtum
ist ja selbst bei einem Lotfeu möglich". Jetzt geht's in die
Rettungsboote; aber Peter Bull darf nicht mit hinein. Der
Kapitän vermag das den Matrosen nicht abzuzwingen. Wie nun
Peter Bull ganz allein auf dem Wrack ist, fällt er auf seine
Knie und betet inbrünstig zu Gott: „O himmlischer Vater, er-
barme dich über meine Frau uud meine Kinder, die ohne mich
Hunger leiden müssen; rette mich sür sie aus dieser Not!"
Das Schiff wird zerbrochen. Peter Bull ergreift den Mast.
Da springt auch die Schiffskatze nach und klammert sich an ihn.
Am nächsten Morgen, als der Mast nahe an das Land getrieben
war, erhebt die Katze ein klägliches Miauen. Das hören zwei
Männer, die am Strande gehen, sehen zu und retten Peter Bull
samt der Katze.
Wenn einmal ein Krieg entstehen sollte, so können Ham-
bürg und Cuxhaven vor feindlichen Kriegsschiffen ganz unbesorgt
sein. Die Einfahrt in die Elbe war für feindliche Kriegsschiffe
immer sehr gefahrvoll, weil während des Krieges alle Seezeichen
entfernt find und die Leuchtfeuer nicht brennen. Jetzt ist sie
geradezu unmöglich; denn unsere eigenen Kriegsschiffe können
sehr schnell von Kiel durch den Nordostsee-Kanal in die Elbe