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8.
Das Rathaus.
Allen Gebäuden unserer Stadt steht das neue Rathaus an
Schönheit und Pracht voran. Es giebt in ganz Deutschland
keine Stadt, welche ein großartigeres Rathaus hätte als Hamburg.
Auch Berlin, die Hauptstadt und größte Stadt des Reiches, steht
darin hinter Hamburg zurück. Drei Seiteu des mächtigen Baues
liegen frei, während die vierte durch die Börse verdeckt ist.
Die lange Vorderseite, die sich dem Rathausmarkte zukehrt, ist
prächtig und hoheitsvoll zugleich. In ihrer Mitte, über dem
Haupteingange, erhebt sich der 112 Meter hohe, schmuckreiche
Turm, auf dessen Spitze der vergoldete Reichsadler schwebt.
Die beiden Giebelseiten, die am „Alten Wall" und der „Großen
Johannisstraße" stehen, machen den Eindruck des Gewaltigen
und außerordentlich Schönen. Das Rathaus ist durch zwei
Flügelbauteu mit der Börse verbunden. So entstand zwischen
den beiden Bauwerken ein Hof, den ein herrlicher Brunnen ziert.
Es ist unmöglich, sich für diesen Platz einen besseren und ge-
eigneteren Schmuck auszudenken. Inmitten Hamburgs, zwischen
den beiden ersten Gebäuden der großen und wichtigen See-
Handelsstadt kann nur eiu Denkmal stehen, welches die mannig-
fachen Beziehungen des Wassers zum Menschen überhaupt und
zu unserer Stadt im besonderen darstellt. Die sechs Bronze-
figureu am Fuße des Beckens bedeuten: die Schiffahrt, die
Fischerei, die bewegende Kraft, das unentbehrliche Nahruugs-
mittel, das Vergnügen des Rnderns und die Erquickung durch
das Bad. Unter den heilbringenden Kräften des Wassers aber
überragt eine Wirkung alle anderen. Der vornehmste Segen
des Wassers besteht darin, daß reines, klares Wasser die Quelle
der menschlichen Gesundheit ist. Aus diesem Grunde ist der
Brunnen mit der anmutigen und hehren Gestalt der Gesuud-
heitsgöttin gekrönt. Mit der erhobenen rechten Hand bietet sie
eine von krystallhellem Wasser überströmende Schale dar, den
Beschauer zu reichlichem Genuß des besten aller Getränke er-
munternd; mit der ausgestreckten linken Hand wehrt sie den