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schon in zweieinhalb Stunden standen wir vor dem ersten Festungsgraben.
Bamum ist wohl das Großartigste, was ich in Afrika gesehen habe. Der
von der Küste kommende Europäer ist überwältigt beim Aublick der Wälle
und Gräben, die sich stundenweit um die Stadt herumziehen, und hinter
denen in der trockenen Jahreszeit die Stadt mit ihren Bananen, Palmen,
ihrem frischgrünen Boden und ihrem wogenden Mais wie eine Oase hervor,
glänzt. Voll Staunen fragt er sich vor dem ersten, wohl vier Meter tiefen
und 10 bis 12 Stunden langen Graben: „Ist es möglich, daß Schwarze mit
ihrem unvollkommenen Handwerkszeug diese Riesenarbeit ausführen konnten?"
Hinter dem Graben erhebt sich ein hoher Erdwall. Bis zum zweiten Graben
hat man gut eine halbe Stunde zu gehen. Dieses ganze große Zwischen-
stück ist voller Wolfsgruben, so daß ein Angreifer nur mit Lebensgefahr vor-
wärts könnte. Hinter dem zweiten Graben erhebt sich der hohe Stadtwall
mit einer etwa zwei Meter dicken Lehmmauer mit Schießscharten. Er ist
mit Schattenbäumen bepflanzt, die weithin sichtbar sind. Über den Graben
führt eiue schmale Brücke zum Eingangstor, an dem fünf Mann Wache halten
Auf einer schönen, breiten Straße, die zum Teil mit Bäumen bepflanzt ist,
kommt man zum Königsplatze.
Gehöft reiht sich an Gehöft, Garten an Garten. Vor dem Gehöfte
des Königs dehnt sich ein großer Marktplatz aus, mit weißlichem Sand be-
streut nud von mächtigen Schattenbänmen umrahmt. Der Königspalast ist
schön und hoch; er hat glatte Wände und gegen den Marktplatz hin einen
Säulengang. In 2—300 Häusern wohnen die Frauen, die zur Königs-
familie gehören. Gar armselig nimmt sich gegen diese Bauten die Moschee
aus, die auf dem Marktplatz steht, aber die Zahl ihrer Besucher, die moham-
medanischen Handelsleute aus dem Norden, ist in stetem Wachsen begriffen.
Joja, der König, war gerade auf der Jagd. Um so tatkräftiger
regierte die Königin-Mntter Na. Sie saß unter einem Tor des Palastes
und überwachte der Stadt Bestes. Etwa 20 ältere Männer kauerten im
Sand vor ihr, auf ihre Befehle wartend.
Wir waren nicht die einzigen weißen Gäste in Bamum. Drei Kauf-
leute haben sich schon dort niedergelassen, ein Oberleutnant mit einem Unter-
offizier und vielen schwarzen Trägern war auf der Durchreise da, und ein
anderer Offizier war eben angekommen. Nachdem die Königin allen ihr
Quartier augewiesen hatte, schickte sie sich an, ihre Gegenbesuche zu machen.
Obgleich es in Bamum Pferde gibt, die sich vorzüglich zum Reiten eignen,
schwang sie sich doch nicht auf ein solches, sondern setzte sich rittlings auf
eine Tragbahre, die von acht Mann behutsam aufgenommen wurde. Mit
aufgespanntem Schirm, von ihrem Hofstaat umgeben, zog sie nun durch die
Stadt. In drei Abteilungen folgte ihr eine Menge Träger mit Lebens-
Mitteln, die sie ihren Gästen bringen wollte. Den Schluß des Zuges bildete
ein Mann mit einem Tops voll glühender Kohlen auf der Schulter, für den
Fall, daß sie ihre Pfeife anzustecken wünschte. Die Königin brachte uns
zwei kleine Ziegen, sieben Hühner, Eier, Bananen, Süßkartoffeln usw. und
zwei Kalabassen Palmwein, zog aber nach kurzer Unterhaltung weiter. Bei
unseren Besuchen war sie stets sehr freundlich.
Auch der König, den wir nicht getroffen hatten, hat seine Teilnahme
an unserer Sache bekundet. Er schickte Boten nach Bali und ließ uns sagen,
es sei sein Wunsch, daß wir in seiner Stadt eine Schule anfangen möchten.