Full text: Heimatskunde der Provinz Westfalen

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Kartoffeln, welche bei ihnen häufig nicht nur das Fleisch, sondern 
selbst das Brot ersetzen müssen, für den Speck und den Pumpernickel 
der Westfalen hergeben, und gehörig gefetteter Kohl mundet am 
Ende besser, als Kohl ohne Fett. Mit einem Worte: der Genuß 
ist hier nicht verfeinert, aber man hat zu leben; und wenn auch 
der Pumpernickel nicht so berühmt geworden ist, wie der Schinken, 
den man in Westfalen vortrefflich zu räuchern versteht, so schmeckt 
dieser doch gewiß nie besser, als wenn er vom Pumpernickel begleitet 
wird. 
Seit wann das eigentümliche Schwarzbrot in Westfalen gebacken 
worden ist, meldet die Geschichte nicht; aber wenn es, wie einige 
meinen, bereits bei den alten Sachsen bekannt war, so läßt sich ihr 
kräftiger Widerstand gegen die Römer und Franken erklären. Tenn 
der Pumpernickel ist ein Brot zum Totschlagen, ist ein derbes Roggen- 
brot, zu welchem das ganze Korn gemahlen wird, weshalb es die 
ungeminderte Fülle der Kornkräfte besitzt; nicht bloß den Corpus, 
sondern auch den Spiritus. Man muß ihn allerdings verdauen 
können, um ihn vollständig zu würdigen; aber daß es im Lande an 
den guten Magen nicht fehlt, beweist die kernige Gesundheit der 
Leute. Ter Pumpernickel wird in ungeheuren Laiben bis zu dreißig 
und vierzig Pfund Gewicht gebacken und gewinnt gleich dem Weine 
durch das Alter an Wohlgeschmack und Kraft. Was aber die Nahr- 
haftigkeit betrifft, so darf man annehmen, daß ein Pfund Pumper- 
nickel mehrere Psund Weißbrot ersetzt. Übrigens ist derselbe, gut 
ausgebacken und mehrere Tage alt, nicht ganz so schwer zu ver- 
dauen, wie man gewöhnlich glaubt. Dabei ist er das beste Zahn- 
Pulver, da er die Zähne weiß und gesund macht, wie er den Magen 
schleift und schärft. Wie wert aber dieses Brot gehalten wird, 
ersieht man am besten aus dem Heimweh der Westfalen nach ihrem 
Pumpernickel. Studierende lassen sich ihn nach der Hochschule schicken, 
und weuu solch ein Leckerbissen angekommen ist, so kann man sicher 
sein, daß Westfalen, Osnabrücker und Ostfriesen einander zu Gaste 
laden. Also darf man den Gegnern des Gebäcks durchaus nur in 
so weit Glauben schenken, als es nicht für zarte und an sitzende 
Lebensart gewöhnte Körper geeignet ist. Nennt man es doch im 
Lande selbst ,,dat growe Brand".
	        
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