Full text: Heimatskunde der Provinz Westfalen

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unweit Dankersen ein fast verwitterter Stein, der mit einem Kreuz 
und zwei Pflugschaaren ausgehauen ist. 
Brudermord. 
Verwittert liegt ein Stein aus roter Erde, 
Ein Kranz darauf giebt sagenhafte Kunde, 
Und oft in mitternächtlich dunkler Stunde 
Bewegts die Luft wie Geisterwehen. 
Im Kriege war's; und fern dem trauten Herde 
Saß ein Westfalenjüngling, blond und heiter, 
Und stieg auf goldener Gedankenleiter 
In seine Heimat still und schön. 
Indessen saß bei wüstem Zechgelage 
Sein finstrer Bruder; — an des Lasters Stellen 
Verband er sich den wildesten Gesellen, 
Ihn schreckte nicht des Krieges Blut. — 
Und als das Land beglückt durch Friedenstage — 
Da kehrt der Blonde in der Heimat Fluren 
Und tilgt des mörderischen Krieges Spuren 
Und wahrt im Herzen nngestandne Glut. 
Denn seines Herdes heil'ge Flammen schützte 
Ein Mädchen — jung und rosig wie der Morgen. 
Und zagend harrte er in bangem Sorgen, 
Daß ihm die Liebe Worte lieh. 
Dem wilden Bruder wars indes, als spürte 
Er nach der Heimat unbestimmt Verlangen. 
Er kam und sah das Mädchen. In die Wangen 
Schoß ihm das Blut, — er liebte sie. 
Ein banges Zittern, das er nimmer kannte, 
Befiel ihn, alle edlen Triebe 
Erschuf die nie gespürte Liebe 
Zu ihr, der Heiligen, in ihm. 
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