Object: Leitfaden für den Unterricht in der deutschen Geschichte in Volksschulen

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Thaten. Männer, Weiber, Kinder wurden ohne Erbarmen nieder¬ 
gehauen. Nach der Eroberung Antiochias glaubten sie, die größten 
Beschwerden überwunden zu haben, allein die Noth sollte jetzt erst 
recht beginnen. Denn es erschien ein türkischer Sultan mit einem 
mächtigen Heere und schloß sie in Antiochia ein. Da war bald der 
letzte Vorrath aufgezehrt, man mußte in der Noth zu den ekelhaftesten 
Nahrungsmitteln greifen. Nun erfaßte viele die Verzweiflung, sie 
ließen sich von den Mauern herab und wurden Muhamedaner. Gottfried 
aber behielt den hohen Muth und ermunterte das Heer zum Aus¬ 
harren in der Zuversicht aus Gottes Hülfe. Da trat eines Tages 
Petrus Bartholomäus vor die Fürsten und sagte, der Apostel 
Andreas habe ihm im Traum geoffenbart, unter einer Kirche liege 
die heilige Lanze vergraben, mit welcher dem Heilande einst die 
Seiten geöffnet feiert; mit der würde man siegen. Als man nachgrub, 
fand man in der That eine verrostete Lanzenspitze. Nun ergriff das 
Heer plötzlich freudige Zuversicht, die Fürsten führten es aus der 
Stadt und erfochten einen herrlichen Sieg. So war das Heer ge¬ 
rettet und konnte den Zug nach Jerusalem fortsetzen, welches unter- 
deß von dem Sultan von Aegypten erobert worden war. — Man 
zog die Küste des Meeres entlang bis Joppe und wandte sich dann 
landeinwärts. Als es von einem Hügel herab endlich die heilige 
Stadt erblickte, ergriff das Heer freudige Begeisterung. Die Krieger, 
welche so Schweres erduldet hatten, fielen aus die Knie und lobten 
Gott. Aber noch stand eine schwere Belagerung bevor, denn die 
hohen Mauern, welche die Stadt schützten, wurden von den Türken 
tapfer vertheidigt. Bald machte sich wieder Mangel an Lebens¬ 
rnitteln, besonders aber an Wasser fühlbar. In der baumlosen 
Umgegend fand man kein Holz zu Belagerungsmaschinen. Ein Sturm, 
den die Kreuzfahrer unternahmen, wurde abgeschlagen. Da endlich 
landete im Hafen von Joppe eine genuesische Flotte und brachte 
Lebensmittel und Werkzeuge; endlich fand man auch Holz. Nun 
baute man Belagerungsmaschinen, große bewegliche Thürme, in 
welchen geborgen eine Anzahl von Kriegern an die Mauern heran¬ 
geschoben werden konnte. So vorbereitet unternahm man endlich 
von verschiedenen Seiten den Sturm. Gottfried mit den Seinen 
sprang zuerst aus die Mauern, darauf in die Stadt und öffnete 
ein Thor, in welches sich nun die Menge der Kreuzfahrer ergoß. 
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1099.
	        
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