§ 166. Klassisches oder goldenes Zeitalter.
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man sie stets nur von ihrer praktischen Seite an. Cicero ist auch
hier Hauptförderer; ein spekulativer Denker war er nicht, er
studierte ja anfänglich die Philosophen nur, um Mittel für seine
Rhetorik zu schaffen. Aber Cicero bildete eine philosophische
Kunstsprache aus und wufste durch seine philosophischen Schriften
allgemeines Interesse für diese Wissenschaft zu erwecken. Seine
philosophischen Schriften S. 344, In seine Zeit fallen die beiden
Q. Sextius Niger, Tater und Sohn, die in griechischer Sprache
schrieben. Ton dem erstem sind noch Sentenzen erhalten.
4. Die Vertreter der Fachwissenschaften.
1. Enc yldopädische Werke. Das erste derartige Werk schuf
Tarro von Reate (s. § 158), der in seinen libri IX disciplinarum,
einer Art Encyklopädie der Wissenschaft, ein Denkmal seiner er¬
staunlichen Gelehrsamkeit gesetzt hat. Darin sind die spätem
7 artes liberales grundgelegt.
2. Altertums- und Spraclmissenscliaft. Den Anfang macht
derselbe Varro mit libri XLI antiquitcitum, mit seinen Schriften
de lingua latina 1. XXT (erhalten zum Teile Buch 5—10) u. a.
Auch die Litterärgeschichte hat Tarro in mehreren Schriften be¬
arbeitet. — Sodann erscheint hier P. Nigidius Figulus (f 45
y. Chr.) mit commentarii grammatici in 30 Büchern. Er verfafste
auch philosophisch-theologische und naturwissenschaftliche Schrif¬
ten. — Julius Hyginus, Freigelassener des August und Torstand
der palatinischen Bibliothek, schrieb Kommentare zu Tergil, aufser-
dem historische, geographische und landwirtschaftliche Werke.
3. Rechtswissenschaft■ Sie ist vertreten durch S. Sulpicius
Ruf us (105—43), Freund Ciceros, tüchtiger Jurist und Terfasser
vieler Schriften. Sein Schüler A. Orfilius, weiter C. Trebatius
Testa, geb. um 90; M. Antistius Labeo (60 v. Chr. bis 11 n. Chr.)
und Ateius Capito waren fruchtbare Schriftsteller, und von ihnen
ging manches in die grofsen Gesetzessammlungen über. Varro
schrieb de iure civili 1. X.
4. Geographie. Merkwürdigerweise haben die Römer trotz
ihrer Eroberungen und ihrer Terbindung mit der ganzen Welt
hierin nicht viel geleistet; Varro und Hygin (s. oben) waren die
ersten, welche dieses Feld bebauten; Historiker wie Cäsar und
Sallust bringen gelegentlich geographische Xotizen. Ton Bedeu¬
tung war, dafs Augustus das ganze Reich vermessen liefs, eine
Arbeit, bei welcher Agrippa durch Abfassung von Karten grofse
Terdienste sich erwarb.