Full text: Grundriß der deutschen Geschichte für die mittleren Klassen höherer Lehranstalten

82 Die Architektur. §. 18. 
stilarten: den romanischen oder Rundbogenstil und den gothischen 
(eig. germanischen) Stil oder Spitzbogenstil. Jener, welcher sich den 
altchristlichen Basilikenbau zum Muster nahm, jedoch mit erhöhtem, 
über einer Krypta ausgeführtem Chor, war im 10.—13. Jahrh. vor¬ 
herrschend (in diesem entstanden die Dome zu Aacheu, Bamberg, 
Speier, Worms, Mainz, Trier, mehrere Kirchen in Köln u. s. w.). 
Seit dem 13. Jahrh. begann die Entwicklung des sog. gothischen 
Baustiles, welcher die reichste und glänzendste Entfaltung christlicher 
Kunst darstellt. Das Eigenthümliche desselben besteht, außer dem 
charakteristischen Spitzbogen, in der Ersetzung des Massenhaften der 
Mauern durch vollständig gegliederte Stützen und Gewölbebogen, 
den schlanken Säulen, den getbeilten und gegliederten Strebepfeilern, 
den beiden hohen, in mehreren Absätzen sich erhebenden und ebenfalls 
gegliederten Thürmen, dem reich verzierenden Laub- und Blumenwerk. 
Dieser schon früher in dem nördlichen Frankreich und in England 
angewendete Stil erhielt seine höchste Vollendung in Deutschland, 
namentlich in dem Kölner Dom (angefangen 1248), dem Straßburger 
Münster (des Erwin von Steinbach), der Stephanskirche in Wien, 
dem Münster zu Freiburg im Breisgau, der Eathedrale zu Antwer- 
pen, den Domkirchen zu Ulm, Regensburg u. s. w. Die Bildnern 
und Malerei, namentlich auch die Glasmalerei, standen in der 
engsten Verbindung mit der Architektur und dienten hauptsächlich zur 
Ausschmückung der Domkirchen. Erst gegen Ende des Mittelalters 
entwickelte sich, wie in Italien, so auch in Deutschland, die Oel- 
malerei als eine selbständige Kunst, und man unterschied diesseits der 
Alpen a) die altkölnische Schule (Meister Wilhelm), b) die flamän- 
dische Schule (die Brüder Hubert und Johann van Eyck) und c) die 
oberdeutsche Schule (Holbein der Aeltere, Albrecht Dürer, Lucas Kra- 
nach). Die Kupferstecherkunst ist eine deutsche Erfindung des 
15. Jahrh., die sich wahrscheinlich aus der Holzschneidekunst ent- 
wickelt hat. 
7. Handel und Gewerbefleiß nahmen erst einen höhern 
Aufschwung, als durch die Kreuzzüge eine lebhaftere Verbindung mit 
dem Oriente eingetreten war. Der Geist politischer Genossenschaften, 
welcher in der zweiten Hälfte des Mittelalters alle Verhältnisse 
durchdringt und sich in den geistlichen Orden, dem Ritterthum, den 
Baubrüderschaften und Malervereinen u. s. w. offenbart, zeigt sich 
auch in den Hansen der Kansleute, den Gilden und Zunsten der 
Handwerker. Diese Hansen waren Vereine der Großhändler einer
	        
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