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Eroberung Kanaans. Die Zeit der Richter. §. 6.
warf den grössten Theil von Kanaan, wo die Israeliten zum Acker¬
bau — also zu einer höhern Culturstufe — übergingen. Uner¬
fahren in dem Belagerungskriege, mussten sie die eigentlichen
Festungen (wie Jebus, das spätere Jerusalem) vorerst den alten
Besitzern lassen, deren Grenzen in der Folge, beim Erstarken
Israels, immer enger gezogen wurden. Bei der Vertheilung des
besetzten Landes unter die 12 Stämme erhielt der Stamm Levi
keinen Grundbesitz, aber, da ihm Moses und Aaron angehört hatten,
so verblieb ihm die Priesterwürde mit den Opfern.
II. Von der Eroberung Kanaans bis zur Stiftung der
Monarchie. Die Periode der Richter oder die
Heldenzeit.
(1500- 1100 v. Chr.)
Die zwölf Stämme, deren jeder unter seinem Stammfürsten
für sich lebte, wurden durch den gemeinschaftlichen Jehovahdienst
(beim Nationalheiligthum, der Stiftshütte zu Silo), den gemeinschaft¬
lichen Priesterstamm und das in Aaron’s Geschlechte erbliche
Hohepriesterthum, so wie durch das Mosaische Gesetz und einen
Landtag (zu Sichern) zu einem Bundesstaate (einer theokratischen
Republik) verbunden. Doch ging die Einheit des Volkes bald ver¬
loren durch das Zurückbleiben der Ureinwohner (der Kanaaniter)
und durch die zersplitternde Natur des Landes. Bei dem Mangel
eines kräftigen Nationalgefühls und bei der gegenseitigen Eifersucht
der Stämme, die auch Bürgerkriege veranlasste, gelang es nur
selten, gegen die äusseren Feinde eine Anzahl streitbarer Männer
aus allen oder mehreren Stämmen unter einem gemeinsamen An¬
führer (Gideon, Jephtah und Simson) zusammenzubringen, welche
„Richter“ genannt werden, weil das Volk auch ihr Ansehen zur
Entscheidung seiner Rechtshändel benutzte.
Ein (18 jähriger) Krieg mit einem Völkerbunde der östlichen und
südlichen Nachbarn, der Ammoniter, Moabiter und Amalekiter,
lief zwTar zum Vortheil Israels aus, aber eben durch die Schwächung
der Nachbarvölker wurden nun die hinter ihnen streifenden Wüstenvölker
gefährlich, so die Midianiler, welche seihst wiederholt in das dies¬
seitige Land einfielen und die angebauten Ebenen (im Südwesten) plün¬
derten, bis Gideon mit einer auserlesenen Schaar sie überfiel und besiegle.
Als die Ammoniter wiederholte Angriffe auf das wesljordanische Ge¬
biet versuchten, schlug Jephlah sie diesseits und jenseits des Jordans
zurück.