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105. Die Alte im Walde.
. Es fuhr einmal ein Mãdchen mit seiner herrschaft durch einen
groben VWald. Mitten im Walde kamen Räuber aus einem Dickicht hervor
und töteten, wen sie fanden. Da kamen alle um, bis auf das Mädchen,
das war schnels aus dem Wagen gesprungen und hatte sich hinter einem
Baume versteckt.
Als die Räuber fort waren, kam es ängstlich hervor und sah das
grobe Unglück. Und es fing an zu weinen und zu klagen und sagte:
„Was soll ich armes Mädchen nun anfangen? Ich finde mich nicht aus
dem Walde heraus, und hier wohnt kein Mensch.“ Dabei ging es umher
und suchte den VWeg, aber es konnte keinen sinden. HAls es HAbend war,
setzte es sich unter einen Baum und betete.
Nach einer Weile kam ein weibes Täubchen zu ihm geflogen, das
hatte ein goldenes Schlüsselchen im Schnabel. Das Schlüsselchen legte es
hm in die hand und sprach: „Siehst du dort den groben Baum? Daran
hängt ein kleines Schlob; dieses Schlob schliede mit dem Schlüssel auf, so
wirst du Speise genug iinden und keinen hunger mehr leiden.“
Da ging das Mãdchen zu dem Baume, schloh ihn auf und fand Milch
T
in einem Schüsselchen und Brot dabei, dab es sich satt essen konnte.
Als es satt war, sprach es: „IAch, könnte ich mich nur nun in mein Bett
segen!“ Da kam das Cãubchen wieder geflogen und brachte ein anderes
goldenes Schlüsselchen und sagte: „Schließ dort den Baum auf, so wirst
du ein Bett finden!“ Da schlob es auf und fand ein schönes, weiches
Bett. Nun betete es zum lieben Gott, legte sich hinein und schlief.
Am Morgen kam das Taubchen zum dritten Male. Es brachte wieder
einen Schlüssel und sprach: „Schlieb dort den Baum auf, da wirst du
kleider indenl“ Und wie es aufschlob, da fand es Kleider mit Gold und
delsteinen besetzt, so herrlich, wie sie keine Rönigstochter hat. Also
seble das Mädchen eine Zeit lang ganz still und froh, und wenn es etwas
bedurste, so kam das Tãubchen und sorgte für alles.
2. Einmal kam das Tãubchen und sprach: „Wijllst du mir etwas zu-
sijebe iun?“ „Von hHerzen gern,“ sagte das Mädchen. Da sprach das