Full text: Deutschland (Teil 1)

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8. Die schwere Niederlage der Russen bei Horndorf 
im Jahre 1758. 
Mit neuen Sorgen begann für den tapfern Heldenkönig das Jahr 
1758. Die Russen waren unter Fermor in Preußen eingedrungen und 
hatten Königsberg erobert. Hierauf mußte das Land der Kaiserin von 
Rußland huldigen. Dies erzürnte Friedrich so, daß er Zeit seines Lebens 
Ostpreußen nicht wieder besucht hat, weil er die Bewohner eines Mangels 
an Vaterlandsliebe bezichtigte. Von Ostpreußen aus drangen die Russen 
in Pommern und in der Neumark ein und erfüllten das Land mit Mord, 
Raub und Verwüstung. Sodann belagerten sie Küstrin und schossen es 
in Trümmer, ohne daß sich jedoch die standhafte Besatzung ergab. Der 
laute Jammer seiner Unterthanen zerriß dem Könige das Herz, und er 
eilte mit 14000 Mann ans Mähren herbei, die Mordbrenner zu ver¬ 
treiben. Dieses kleine Heer brannte vor Begierde, sich an dem grau¬ 
samen und raub-- und mordlustigen Feinde zu rächen. Seine Kriegswut 
stieg noch, als es die verheerten Landschaften betrat, die Schutthaufen 
und Aschenhügel noch rauchend sah. Friedrich selbst wnr so erbittert, 
daß er befahl, keinem Russen Schonung zu gewähren. Vor der Schlacht 
erfuhren dies die Russen. Der Schreckensruf: „Die Preußen geben keinen 
Pardon!" durchlief schaudernd ihre Reihen; aber bald hallte es gräßlich 
zurück: „Und wir auch nicht!" Es entspann sich nun in der Augusthitze 
die blutigste Schlacht des ganzen Krieges, ein wahrer Tag des Zorns, 
der Rache und der fürchterlichsten Blutarbeit. Den ganzen Tag währte 
das entsetzlichste Gewürge. „Ein Schlachten war's, nicht eine Schlacht zu 
nennen." , Reihenweise streckten die preußischen Geschütze die Russen nieder. 
Mit dem Bajonett, mit dem Kolben stürmten Friedrichs Streiter auf sie 
ein, aber sie standen wie Mauern. Wieder gab Seidlitz mit seiner 
Reiterei den Ausschlag. Durch seinen furchtbaren Stoß brachte er die 
feindlichen Linien ins Wanken und in Verwirrung. Als die rohen 
Russen alles verloren sahen, stürzten sie sich aus die Branntweinfässer in 
ihrer Wagenburg und soffen im Angesichte des Todes in viehischer Weise. 
Als die Offiziere den Fässern den Boden ausschlugen, da leckten sie das 
entströmende Feuerwasser von der Erde auf. Voll Ekel über solche 
Roheit äußerte Friedrich: „Mit solchem Lumpengesindel muß ich mich 
herumschlagen!" So groß war die Wut, daß selbst noch die Verwunde¬ 
ten am Boden mit einander rangen. Erst die hereinbrechende Nacht 
und die völlige Erschöpfung machten dem Gemetzel ein Ende. Am an¬ 
dern Tage traten die Russen ihren Rückzug an; leider konnte sie Fried¬ 
rich nicht verfolgen, da er zu sehr geschwächt war. Wenn auch die 
Russen gegen 20000 Mann verloren hatten, so hatte er seinen Sieg 
doch mit 11000 Mann bezahlen müssen. Als ihm jemand Glück zu 
diesem Siege wünschte, zeigte er auf den tapfern Seidlitz und sprach: 
„Ohne diesen würde es schlimm um uns aussehen."
	        
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