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diese Verwirrung und dies Gewühl haben mit dem Erdbeben zugleich
noch nicht ihr Ende erreicht. Deun da man immer fürchtet, die Er—
schütterung möge wiederholt werden, so wagt es auch noch niemand,
seinen Standort zu verlassen und wieder in ein Haus zu gehen.
Die Geschichle Limas weist eine Menge dieser Naturbegebenheiten
auf, die für die Stadt von traurigen Folgen gewesen; am schrecklichsten
für dieselbe waren indes die Erderschütterungen vom Jahre 1687 und
1746. Das Erdbeben von 1687 nahm den 20. Oktober früh um
4 Uhr mit dem Untergange vieler Gebäude und Häuser seinen Anfang.
Eine nicht geringe Anzahl Menschen verlor dabei ihr Leben. Doch
war diese Verwüstung nur ein Vorbote von der, die nachfolgen sollte,
und sie hatte wenigstens den Vorteil, daß die Einwohner nicht sämtlich
begraben wurden. Von neuem wurde die Erde erschüttert, und zwar
so furchtbar, daß um 6 Uhr morgens diejenigen Häuser, welche die
erste Erschütterung noch ausgehalten hatten, gleichfalls einstürzten.
Für die Einwohner war es noch ein großes Glück, daß sie von den
Gassen und Märkten aus, wohin sie auf die ersten Anzeigen einer be—
vorstehenden Gefahr geflüchtet waren, Zeugen sein konnten. Bei
dieser zweiten Erschütterung zog sich die See merklich von dem Ufer
zurück. Da sie darauf mit ganzen Gebirgen von Wasser wiederum
ihren Platz einnahm, so trat sie so weit aus, daß sie Callao und
andere Orte überschwemmte, wobei viele Menschen in den Fluten ihr
Leben verloren. Noch furchtbarer war das Erdbeben vom Jahre 1746.
Den 28 Ottober 101/ Uhr, funf und drei viertel Stunden vor Ein—
tritt des Vollmonds, nahm die Erschütterung der Erde ihren Anfang,
und zwar so heftig, daß in nicht mehr als drei Minuten fast alle
oder doch die meisten großen und kleinen Gebäude in der Stadt da—
durch umgestürzt wurden. Viele Bewohner, die sich zu nahe an die
großen Gebäude stellten, die eben ihrer Größe wegen die Zerstörung
um so viel furchtbarer machten, wurden erschlagen. Dies erste Erd—
beben endigte zwar, und die Erde hörte auf erschüttert zu werden,
allein die Ruhe war von kurzer Dauer. Man spürte zum öftern Er—
schütterungen, und die Einwohner zählten in den ersten 24 Stunden
ungefähr 200. Bis zum 24. Februar 1747 hatte man bereits 451
Erschütterungen gezählt, und einige darunter waren, wo nicht von
so langer Dauer wie die erste, doch von nicht minderer Gewalt. Callao
erlitt in eben dieser Stunde eine gleiche jammervolle Verwüstung.
Allein so groß auch die durch das Erdbeben angerichtete Zerstörung
sein mochte, so war sie doch nur gering in Ansehung dessen, was dem
Orte bevorstand. Das Meer trat zurück, wie schon sonst bei der—
gleichen Gelegenheiten geschehen war, aber ziemlich weit. Bald kam
die aufgeschwollene See zurück, und ihre wütenden Wellen, welche
schäumende Berge vorstellten, verwandelten dasjenige in ein Meer,
was zuvor Callao und festes Land gewesen war. Die Wellen wurden
immer wütender, und die Überschwemmung nahm dergestalt zu, daß
das Wasser sogar die Mauern und andere hohe Gebäude überstieg.
Das Schloß hatte den ersten Anprall ausgehalten, durch den andern
im⸗