Full text: Bilder aus Europa mit Ausschluss des Deutschen Reiches (Bd. 2)

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Bilder aus Süd-Europa, 
die Rüder der Wagen, die sich auf ihr bewegen. Bald gelangen wir 
in einen Orangenhain, dessen weiße Blüten uns köstlich entgegenduften, 
dann durch ein üppiges Blumen- und Gartenland. Thymian und 
Lavendel, vielfarbige Verbenen und schöne Azaleen überweben den Boden 
wie ein Teppich- aus jeder Felsspalte drängt sich der Feigenbaum, der 
Kaktus und die Agave oder Baumaloe. Ein Seitenthal schimmert uns 
rosenrot entgegen; sein ganzer Grund ist mit blühenden Oleanderbüschen 
bedeckt. Kräftiges Myrtengebüsch webt undurchdringliche Hecken uin 
prächtige Fackeldisteln und um-hohe Bärenklaugewächse, die stolz ihre 
malerischen Blätter entfalten. Welche Pracht überall an Laub, Blüten 
und Früchten, und welcher Wechsel in den Pflanzengestalten! Heiter 
lächelt der Granatbaum im Schmucke seiner scharlachroten Blüten; die 
ernste Cypresse wirst ihren langen Schatten, und die hochgewachsene Pinie 
hebt ihr breites Nadeldach zum Goldglanze des Himmels empor. 
Abwärts führt der Weg durch einen heimlich-stillen grünen Grund, 
von alten Ölbäumen beschattet, die in dichtem Gestrüpp zusammenstehen. 
Dann geht es wieder aufwärts und nun weiter und weiter aufwärts. 
Ohne sich vom Meere weit zu entfernen, verliert sich die Straße in 
einzelne Wäldchen, kriecht raupeuähnlick um Klippen und Felsenstirnen 
und erklettert endlich einen Berggipfel, an dessen äußerster Spitze uus 
ein stattlicher Ort entgegenwinkt. Die Häuser scheinen übereinander 
gebaut, als müßte man alle Augenblicke einen Übersturz befürchten. 
Mit Mühe steigen wir zum Städtchen hinauf, an steilen, nackten Felsen- 
wänden entlang, wo im heißen Sonnenstrahl die lasurblaue Eidechse hin- 
und herschlüpft. Doch überall, wo Felsen und Bäume nur die Aussicht 
nicht hindern, hat man das Meer vor sich mit seinen von der Bran- 
duug umschäumteu Klippen, mit seinen Inseln und grünen Buchten, mit 
seiner ganzen unerschöpflichen Herrlichkeit! 
Und abwärts geht es wieder, oft steil hinab und pfeilschnell, bis 
an den Strand. Ein Fischerdorf lacht uns malerisch entgegen. Freilich 
ist es nur in der Entfernung schön! In seinem Innern ist Armut, Un- 
sanberkeit uud Lässigkeit. Den Bewohnern scheint es am wohlsten zu 
sein in träger Ruhe. Manche der kahlen steinernen Häuser, die so nahe 
am Wasser stehen, als müßte die nächste Welle sie wegspülen, haben 
nicht einmal eine Hausthür, iu den Fenstern fehlen die Scheiben, in den 
Stuben die Betteu. Aus den öden Fensterhöhlen schauen gebräunte, 
dunkeläugige Fraueu neugierig dem Reisenden nach. Die junge Frau 
dort, die ein Netz strickt, uud das steinalte Mütterchen, welches die zer- 
lumpte Wäsche, die sie eben in einem Regentümpel gewaschen hat. auf 
dem Kies zum Trocknen ausbreitet, hören mit ihrer Arbeit auf, um 
ebenfalls dem Fremden lange nachzusehen. Braune Fischerbarken sind 
hoch auf den Strand gezogen, ihre nur sehr dürftig bekleideten Besitzer, 
fast so brauu wie das Holz ihrer Schiffe, liegen im Schatten derselben. 
Die roten Mützen über das Gesicht gezogen, so schlafen sie sozusagen 
den Abend heran, wo es hinausgeht zum Fischfange. Fast nackte 
Kinder fischen in dem feuchten Schwellsande nach Muscheln und anderen 
Schaltieren, die sie lebend verzehren.
	        
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